Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

Novelle von Schmidt-Weißenfels. 159

Sie ſprach zuleht mit ſolcher Offenheit zu ihm, weil ſie ihn unter ihrer, dem tief verwundeten Frauenherzen entſtrömenden Rede mehr und mehr in Nachdenken hatte verfallen ſehen. Merkwürdiger Weiſe ſchienen ihm dieſe Vorwürfe wohl zu thun, und die Kaiſerin, welche eines längeren und ſchwereren Kampfes gewärtig geweſen war, ohne ihres Sieges gewiß zu ſein, glaubte jet, einen ſolchen ſich im exſten Anlauf errungen und damit vielleicht eine entſchiedene Wendung bewirkt zu haben. Jn dieſem Glauben wurde ſie beſtärkt, als dex Kaiſer, nachdem ſie eine Weile geſchwiegen, finnend auf den Teppich vor ſi<h bli>end, ſagte: „Geh, Maria, ih will allein ſein. Jh weiß, daß Du es gut mit mix meinſt und vielleicht haſt Du Recht. Ach, es wax wahrlich beſſer, als ih no< niht Zar war, und,“ murmelte ex leiſe, „ih hätte es ja nicht zu ſein brauchen.“

Sie, noh immer eine ſchöne ſtattliche Frau, beugte ſi zu ihm nieder und drückte einen Kuß auf ſeine Stirn, das erſte Liebeszeichen, welches ſie mit ihm ſeit vielen Monaten tauſchte. Er nahm es hin, ohne es zu erwiedern.

„Paul,“ verabſchiedete ſie ſich liebevollen, freudigen Tones, „ih danke Gott für dieſe Slunde. J< habe meinen Gatten wieder gefunden, und ſo hoffe ih auch, daß Deine Söhne ihren Vater nun wieder haben,“

Sie verließ das Gemach. Der Kaiſer blich ſinnend auf ſeinem Seſſel und noh lange Zeit allein.

Dann kam, unangemeldet, wie er es durfte, Graf KU= taiſſotv.

„Sire,“ ſagte er, ohne weiter Rückſicht auf die Acht-