Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
28 ' Dex lebte Folfunger.
ihrer Krankheit überwacht hatte, was Margaretha?s Herz niht warm ſchlagen ließ für deu Knaben — genug, als nah Hakon’s Tode die erſten Gerüchte davon, daß man im Volke erzähle, thr Kind ſei geraubt und gegen ein anderes um= getauſcht worden, zu ihren Ohren drangen, erſtarb in dex Bruſt der jungen Frau die Liebe zu dem Knaben.
Margaretha ergriff für denſelben die Zügel der Regie= rung und begann die Erziehung Olaf’s mit Strenge zu leiten, aber es war zu ſpät, die Keime auszurotten, die einmal in ſeiner Bruſt Wurzel geſchlagen; Margaretha vermochte nur durc eiſerne Härte die böſen Leidenſchaften niederzuhalten, die jeßt zu Tage traten, wo Olaf des Schußes jener Perſonen entbehrte, die ſeine Fehler bemän= telt und ihm mit dem Dänenhaß Troß gegen die Mutter eingeflößt hatten.
Als die Gräfin Edda nach dex Unterredung mit Moltke bei dex Königin eintrat, ſagte dieſe, mit Mühe nah Faſſung ringend: „J< exrathe Deine Nachrichten, aber ih will nur Eines wiſſen. Jſt es ein Lebendiger, den meine Feinde als den echten Olaf erkennen, ſo will i< thn ſehen, bieten ſie mir aber nux einen Todten, ſo zeihe ih ſie der Lüge.“
„Dex echte Erbe der Folkunger lebt!“ antwortete Edda, den Blik feſt und düſter auf die Königin heftend.
„Er lebt!“ ſchrie Margaretha auf, „lebt und das ſagſt Du mix in dieſem Tone? Mein Kind lebt und Du ſchauſt mich an, als brächteſt Du mix Fluch? Du redeſt nicht die Wahrheit, Du haſt Gift auf der Zunge!“
„Der Erbe der Folkunger lebt, aber weder der, den Jhr zum Schwächling gemacht, iſ der Erbe des Thrones,