Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Schweifbiber: Freileben. Fortpflanzung. Nahrung. 603

er ſeinen Pfleger nah und na<h kennen lernt. Alt eingefangene Tiere beißen wie raſend um ſi< und verſ<hmähen gewöhnlih. die Nahrung, ſo daß man ſie ſelten länger als einige Tage erhält. Jm Londoner Tiergarten iſt er ein ſtändiger Bewohner; neuerdings wird er au< in anderen Tiergärten gehalten. „Der Sumpfbiber“, ſagt Wood, „iſt ein ſchneller und lebendiger Burſche und höchſt unterhaltend in ſeinem Gebaren. Jh habe ſeinen \paßhaften Gaukeleien oft zugeſehen und mi<h im höchſten Grade unterhalten über die Art und Weiſe, mit welcher ex ſeine Beſißung dur<hſ<hwimmt und dabei jedes Ding, welches ihm als neu vorkommt, aufs genaueſte prüft. Sobald man ein Häufchen Gras in ſein Been wirft, nimmt ex es augenbli>li< in ſeine Vorderpfoten, ſchüttelt es heftig, um die Wurzeln von aller Erde zu befreien, ſchaft es dann na< dem Waſſer und wäſcht es dort mit einer ſo großen Gewandtheit, daß eine Wäſcherin von Gewerbe es kaum beſſer machen würde.“ Gefangene Schweifbiber, welche ih pflegte, trieben ſih mit wenig Unterbrechungen den ganzen Tag über im Waſſer und auf den Ufern umher, ruhten höchſtens in den Mittagsſtunden und waren gegen Abend beſonders lebendig. Sie bekunden Fertigkeiten, welche man kaum von thnen erwarten möchte. Jhre Bewegungen ſind allerdings weder lebhaft noh anhaltend, aber doc fräftig und gewandt genug. Jhren Namen Biber tragen ſie niht ganz mit Necht; denn ſie ähneln in ihrem Weſen und in der Art und Weiſe ihres Shwimmens den Waſſerratten mehr als dem Biber. Solange ſie niht beunruhigt werden, pflegen ſie geradeaus zu ſ{hwimmen, den Hinterleib tief eingeſenkt, den Kopf bis zu zwei Dritteln ſeiner Höhe über dem Waſſer erhoben, den Schwanz aus8geſtre>t. Dabei haben die Hinterfüße allein die Arbeit des Ruderns zu übernehmen, und die Vorderpfoten werden ebenſowenig wie bei den Bibern zur Mithilfe gebraucht. Aber auh der Schwanz ſcheint nicht als eigentliches Ruder zu dienen, wird wenigſtens ſelten und wohl kaum in auffallender Weiſe bewegt. Jm Tauchen ſind die Schweifbiber Stümper. Sie können ſi< zwar ohne Mühe in die Tiefe des Waſſers begeben und dort gegen 1 Minute lang verweilen, thun dies jedo< reineswegs ſo häufig wie andere ſ{<wimmende Nager und auh niht in ſo gelenker und zierlicher Weiſe. Die Stimme iſt ein klagender Laut, welcher gerade niht unangenehm klingt, als Lo>ruf dient und von anderen erwidert, deshalb auch oft ausgeſtoßen wird. Erzürnt oder geſtört, läßt das Tier ein ärgerlihes Brummen oder Knurren vernehmen. Gras iſt die liebſte Speiſe des Schweiſbibers, er verſhmäht aber auh Wurzeln, Knollenfrüchte, Blätter, Körner und in der Gefangenſchaft Brot nicht, frißt ebenſo re<t gern Fleiſch, z. B. Fiſche, ähnelt alſo auch in dieſer Hinſicht den Natten, niht dem Biber. Baumrinde ſcheint ihm niht zu behagen. Das Gras wird von ihm geſchi>t abgeweidet, nicht zerſtückelt oder zerſchnitten, hingeworfene Nahrung mit den Pfoten erfaßt und zum Maule geführt. Gegen den Winter hin treffen gefangene Schweifbiber Vorkehrungen, indem ſie da, wo ſie können, beſtändig graben, in der Abſicht, ſih größere Höhlen zu erbauen. Läßt man ſie gewähren, ſo bringen ſie in kurzer Zeit tiefe Gänge fertig, ſcheinen auch deren Keſſel weih auszupolſtern, weil ſie von ihnen vorgeworfenen Futterſtoffen, namentli<h Gräſern, eintragen. Über die Fortpflanzung Gefangener habe ih keine Beobachtungen gema<ht. Von den freilebenden wiſſen wir, daß das Weibchen einmal im Fahre in ſeiner Höhle 4—6 Junge wirft. Dieſe wachſen raſ< heran und folgen dann der Alten längere Zeit bei ihcen Ausflügen. In neueſter Zeit hat Hagmann über das Gefangenleben und die Fortpflanzung unſerer Tiere im zoologiſchen Garten zu Baſel berichtet. Dort wax ihnen als Heimat ein großes fünſtliches Waſſerbe>en angewieſen, an welches ſih eine Felsgrotte anſchließt, die eine 2 am große, mit Erde überde>te Höhle birgt. Jm Herbſte 1883 wurde das erſte Pär<en Sumpfbiber angeſchafft. „Beſondere Pflege und Einrichtungen“ {reibt Hagmann, „ſchienen die Biberratten nicht zu bedürfen; als Futter wurde ihnen Brot und gelbe Rüben gegeben, daneben kleinere belaubte Laubholzäſte, an denen ſie das Laub fraßen und die