Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

604 Siebente Drdonung: Nager; elfte Familie: Trugratten.

zartere Rinde abnagten; in die Höhle wurde von Zeit zu Zeit friſhes Stroh gebra<ht, um den Tieren ein möglichſt tro>enes Lager zu erhalten. Bei Eintritt der kalten Wintertage wurde das Lager auf das reihli<ſte mit Stroh verſehen alle Zugänge zu demſelben bis auf ein Éleines Einſchlupflo< mit wärmendem Dünger verſtopft. Dieſe Vorkehrungen haben ausgereiht, den Tiexen ein genügend warmes Winterlager zu ſchaffen. Die Sumpfbiber zeigten ſih überhaupt gegen Schnee und Kälte durhaus niht empfindlihh, ſie ergingen \ih jeden Tag einige Zeit im Freien, verzehrten dort ihr Futter und badeten, ſoweit es die Eismaſſe des Beens erlaubte. Die Tiere überſtanden ſo den Winter gut, und der anbrechende Frühling fand ſie beide im beſten Wohlſein. Am 2, Mai 1884 beobachtete der Wärter tahkommenſchaft, die er im erſten Augenbli>e für Ratten hielt, bis ihm die hellgelbe Färbung der Mund- und Naſenteile auffiel und ihm die Sache klar mate. Jc fah die jungen Tiere noh am Abend, ſie waren in der Größe geringerer Meerſchweinchen und mo<hten jedenfalls ſhon einige Tage alt ſein; ſie gingen ziemlich herzhaft mit den Alten, nahmen bereits an deren Abendbrote teil und waren äußerſt lebhaft in ihren Bewegungen. Die fünf jungen Tierchen eigneten ſi<h raſh das zutrauliche Weſen ihrer Eltern an und blieben bei denſelben ruhig ſigen, au< wenn eine große Zahl von Beſuchern das Gehege umſtand, um das niedliche Bild dieſes Familienlebens zu betrahten. Das weitmaſchige Drahtgeflecht an der Umzäunung geſtattete den kleinen Tierchen dur<hzuſ<hlüpfen, auf der anliegenden Raſenfläche zu weiden und ſi< zu tummeln, was man ihnen wohl erlauben konnte, da ſie ſofort zurü>flüchteten, ſowie ſih ihnen jemand zu nähern ſuchte, und ſie keinen Schaden anrithteten. Die Alten, lüſtern gemaht dur< die Jungen, riſſen mit ihren ſcharfen Schneidezähnen oft Löcher in das Drahtgefle<ht, um ebenfalls an den Ausflügen ihrer Kinder teilzunehmen. Dieſe kleinen Promenaden erſtre>ten ſi<h anfängli<h nur auf die nächſte Umgebung des Geheges, wo es Gras und grünes Laub zu naſchen gab, allmählih aber dehnte ſi<h der Ausflugskreis weiter aus, und die nun ſelbſtändig gewordenen Fungen fingen an, das Elternhaus zu meiden und auf eigene Fauſt zu leben.

„Zwei von den Ausflüglern konnten niht mehr eingefangen werden; ſie hatten dur die Ablaufröhre unſerer Teiche den Weg nach der Birſig, einem kleinen, den größten Teil des Jahres waſſerarmen Flüßchen, das ſih längs des Gartens hinzieht, gefunden. Hier lebten ſie ſtill vergnügt, ab und zu kehrten ſie dur< das Waſſerrohr nah dem Garten zurü>, um ſich beſſeres Futter zu holen oder eine geſhüßtere Lagerſtätte für die Nacht zu ſuchen. So verbrachten die beiden Tiere den Sommer und den Herbſt, dann verloren wir ſie allmähli< aus unſerer Beobahtung; im Spätherbſte wurde einer der Flüchtlinge tot in der Birſig gefunden, während der andere, der wohl das Schickſal ſeines Gefährten teilte, ver{wunden blieb. Den Winter 1884/85 verbrachten die fünf gebliebenen Tiere (2 Alte und 3 Junge) in beſter Geſundheit und Eintracht, gegen das Frühjahr aber ſchienen die Alten der Jungen überdrüſſig zu werden, insbeſondere duldete das alte Männchen das junge nicht und verfolgte es auf das heftigſte. Auf dieſes hin verkauften wir die jungen Tiere. Das Jahr 1885 blieb ohne Nachzucht, am 23. Februar 1886 ſtarb das Männchen, das wir aber ſhon am 19. März durch ein ausgewachſenes, prächtiges Stück erſeßen konnten.

„Auch dieſem Tiere kam die ihm von uns gebotene Welt zu klein vor; nur zu bald hatte es Mittel und Wege gefunden, ſich aus dem Gehege zu entfernen, auf den benachbarten Graspläßen zu weiden und ſi<h Laub an den kleinen Sträuchern zu ſuhen. Es zeigte auch fremden Perſonen gegenüber durchaus keine Scheu, und wenn wir es in ſein Be>en zurü>zutreiben oder es mit einem Fangſa>e zu ergreifen ſuchten, ſo ſtellte es ſth zur Wehr, indem es laut knurrte und um ſih biß. Troß aller Ausbeſſerungen vermochte das Tier jeweilen wieder das Drahtgitter zu zerreißen und je länger je weitere, oft Tage andauernde Ausflüge zu machen. Statt wie die früheren jungen Sumpfbiber nach der waſſerarmen Birſig