Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, S. 276

242 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.

perſiſche, aſtrachaner, krimmer Lammfelle in den Handel kommen, geben ein geſchäßtes Pelzwerk und werden je nach Feinheit ſowie Güte der Zubereitung, in welcher namentlich die aſiatiſchen Völkerſchaften Meiſter ſind, das Stü mit 5—15 Mark und wohl auh noch höher bezahlt.

Das in der Kirgiſenſteppe vorkommende Fettſteißſchaf iſt na<h Fin\<, von großem Wudchſe, kräftig gebaut, ziemlih hochbeinig, hat eine gebogene Naſe und Hängeohren. Es erreiht ein Gewicht von 65—80 kg, wovon auf den Fettſteiß allein !/¿—*/s kommen fann. Die grobe haarige Wolle wird hauptſählih zur Herſtellung von Filz benußt. „Scaſe mit eigentlichen Fettſhwänzen“/, ſchreibt Finſ<h, „gibt es nicht in der Kirgiſenſteppe, denn bei denen, die wir ſahen, und es waren recht, recht viele, konnte von Fettſhwanz überhaupt nicht die Rede ſein, da ſie faſt alle ungeſhwänzt erſchienen. Der eigentliche ſehr kurze Shwanz iſt nämlich verſte>t in dem Fettpolſter, welches vom Steiße gebildet wird und von dieſem ſi beutelartig über die obere hintere Hälfte der Keulen ausbreitet. ..…. Die Fettpolſterbildung iſt alſo ganz in derſelben Weiſe entwi>elt wie bei dem weit über Mittelafrita, Arabien und Perſien verbreiteten ſhwarzköpfigen Schafe. Wie beim Kamele in Zeiten des Mangels die Höcker na< und nah faſt ganz verſchwinden, ſo beim Kirgiſenſchafe der Fettſteiß.“

Übrigens ſind au in Südafrika Fettſteißſchafe heimiſch, und ſelbſt im Kaplande halten Farmer auch heute in vielen Gegenden außer den Merinos von ihnen etwa no< 1 Million Stück. Die exſten Beſiedler fanden dieſe abgehärteten und genügſamen Schafe bereits im Beſiße der Hottentotten und haben ſie ihres vortrefflichen Fleiſches wegen ſeitdem unverändert fortgezüchtet.

Das Hausſchaf iſt ein ruhiges, geduldiges, ſanftmütiges, einfältiges, knehtiſhes, willenloſes, furhtſames und feiges, kurzum ein langweiliges Geſchöpf. Beſondere Eigenſchaften vermag man ihm kaum zuzuſprechen; einen Charakter hat es niht. Nur während der Bo zeit zeigt es ſih anderen Wiederkäuern entfernt ähnlich, entfaltet dann wenigſtens einige Züge des Weſens, welche ihm die Teilnahme des Menſchen erwerben können. Fm übrigen bekundet das Schaf eine geiſtige Beſchränktheit, wie ſie bei keinem Haustiere weiter vorkommt. Es begreift und lernt nihts, weiß ſih deshalb auch allein niht zu helfen. Nähme es der eigennüßige Menſh niht unter ſeinen ganz beſonderen Schuß, es würde in kürzeſter Zeit aufhören zu ſein. Seine Furhtſamkeit iſt läherlih, ſeine Feigheit erbärmlih. Fedes unbekannte Geräuſh macht die ganze Herde ſtußig, Bliß und Donner und Sturm und Unwetter überhaupt bringen ſie gänzlih außer Faſſung und vereiteln nicht ſelten die größten Anſtrengungen des Menſchen.

In den Steppen von Rußland und Aſien haben die Hirten oft viel zu leiden. Bei Schneegeſtöber und Sturm zerſtreuen ſih die Herden, rennen wie unſinnig in die Steppe hinaus ſtürzen \ih in Gewäſſer, ſelbſt in das Meer, bleiben dumm an einer und derſelben Stelle ſtehen, laſſen ſi widerſtandslos einſhneien und erfrieren, ohne daß ſie daran dächten, irgendwie vor dem Wetter ſich zu ſichern oder auh nur nah Nahrung umherzuſpähen. Zuweilen gehen Tauſende an einem Tage zu Grunde. Auch in Rußland benußt man die Ziege, um die Schafe zu führen; allein ſelbſt ſie iſt niht immer im ſtande, dem dummen Tiere die nötige Leitung angedeihen zu“ laſſen.

Ein alter Hirt ſchildert, wie Kohl erzählt, die Not, welhe Schneeſtürme über Herden und Hirten bringen, mit lebendigen Worten: „Wir weideten unſer ſieben in der Steppe von Otſchakom an 2000 Schafe und 150 Ziegen. Es war zum erſten Male, daß wir austrieben, im März; das Wetter war freundlich, und es gab ſchon friſhes Gras. Gegen Abend fing es an zu regnen, und es erhob ſi ein kalter Wind. Bald verwandelte ſih der Regen in Schnee: es wurde kälter, unſere Kleider ſtarrten, und einige Stunden nah Sonnenuntergang ſtürmte und brauſte der Wind aus Nordoſten, ſo daß uns Hören und Sehen