Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 541

Na>elhuhn: Vorkommen. Balz. Leben8weiſe. 499

Sandboden abhob. Jm erſten Augenbli>e erinnerte mi ſein Ausſehen an das eines kleinen Auerhahnes, niht aber an das eines Birkhahnes; je mehr ih ihn betrachtete, um ſo deutlicher fiel mir jedoch, ſoweit ich auf die große Entfernung hin urteilen konnte, das von beiden Stammeltern ſo überaus verſchiedene Weſen auf. Der langſame Gang mit großen, bedächtigen Schritten, die Art, Nahrung vom Felde zu ſuchen, die mehr wagerehte Haltung: alles dies war ganz eigentümlich und eher dem Gebaren eines Faſanes als eines Rauhfußhahnes ähnli; auch erſtaunte ih, ein Waldhuhn in den erſten Nachmittagsſtunden auf dem Felde umherlaufen zu ſehen. Doch trug ih in dieſer Beziehung der Ebene Rechnung, die bekanntlich die Sitten und Gewohnheiten der vorwaltend im Hochgebirge lebenden Tiere weſentlih verändert, um ſo mehr, als ih ſpäter Gelegenheit hatte, zu beobachten, daß auh die Virkhähne der Gegend den Wald verlaſſen, um in den frühen Morgenſtunden oder abends in die Felder zu ſtreichen. Die Jäger ſagten mir, der Hahn halte ſi< immer in der Nähe des Plates auf, bei welchem ih ihn geſehen hätte, komme erſt des Abends in das Moor, oft bis in unmittelbare Nähe des Dorfes, woſelbſt ſein und mehrerer Birkhähne eigentliher Balzplaß war, ſtreiche beim Beginn der Dunkelheit dann in bedeutender Höhe über das Moor hinweg und dem nahen Walde zu, um tief drinnen in einem höheren Föhrenbeſtande, meiſtens auf derſelben Stelle, zu übernahten, ſei aber morgens, mit Beginn der Morgenröte, ſtets auf dem Balzplaße im Sumpfe zu ſehen.“ Kronprinz Erzherzog Rudolf ſchildert nun ſeine glü>liche Jagd und fährt dann fort wie folgt: „Die Geſtalt dieſes Vogels kann, wenn er ſteht, als eine ſchlanke bezeihnet werden: denn der Körper, den er beſonders beim Gehen ziemlih wagere<ht hält, ſieht länglich geſtre>t aus. Trippelt er, ſich ſicher fühlend, ruhig umher, ſo hebt er die Füße hoch auf und ſchreitet mit den allen größeren Hühnerarten eignen Hahnſchritten umher. Bei dieſer Gelegenheit erinnerten mich ſeine Bewegungen am meiſten an die des Faſanes. Als ih ihn anſ<hli< und vom Walde aus erbli>te, bevor er mi gewahrt hatte, ſtand er mit tief eingezogenem Kopfe und ſ{hlaff herabhängenden Flügeln, und das ganze Bild war das eines überaus trägen und verſchlafenen Vogels. Da die Menſchen ihm bisher nihts zuleide gethan hatten, und er unter den Vögeln ſeines Wohngebietes der ſtärkſte war, ſchien er ſi für unüberwindli<h zu halten und trat deshalb nit allein unvorſichtig, ſondern dummdreiſt auf. Nach Verſicherung der Jäger joll er ſi bei Tage immer ſo träge und teilnahmlos gezeigt haben. Um ſo mutiger und zorniger erwies er fi< am Balzplaße. Sobald ein Birkhahn erſchien, griff er dieſen an und vertrieb ihn na< kurzem Kampfe; ſeine viel bedeutendere Stärke und Größe verhalf ihm ſelbſtverſtändlich ſtets zum Siege. Die Jäger ſagten mir, daß er in der Balzzeit den Stoß fächerförmig, wie ein Auerhahn, ausbreite, das ganze Gefieder aufrihte und mit aufgeblähtem Halſe den merkwürdigen Ruf, der ihm ſeinen Namen verſchaffte, das ſogenannte „Radeln“, erſchallen laſſe. Dieſer Ruf ſoll aus mehreren in ihrem Tone verſchiedenen Abſäßen beſtehen. Den Beginn macht ein dem Schleifen des Birkhahnes ähnliches Rauſchen; ihm folgt ein Glu>ſen, wie es der Auerhahn vernehmen läßt, und das Ende des Liedes, das dem Hauptſchlage des Auerhahnes verglichen werden muß und die höchſte Verzückung ausdrüdt, bildet das aus frähzenden und ſhnarhenden Tönen zuſammengeſetzte, laute, flangloſe Ra>eln, das nah dem Ausdru>te dex dortigen Leute nur mit dem Grunzen der Schweine zu vergleichen iſt.

„Veſagter Na>elhahn war ein in jener Gegend ſchon ſeit geraumer Zeit bekannter Vogel. Jn den leßten Jahren wurden nicht weniger als ihrer drei beobachtet: der erſte von ihnen war vom Fagdbeſißer an dem nämlichen Plate, wo ih den meinigen erlegte, abgeſchoſſen, der zweite einige Jahre lang von den Jägern beobachtet und ſpäter in einem benachbarten Gebiete, das er während der Balzzeit beſuchte, von einem Bauer erbeutet, der dritte, den ih erlegte, ſhon einige Zeit vor der Balz in den benachbarten Feldern geſehen

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