Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 562
520 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.
lautlos durch das Geſtrüpp, um ſih der Mutter wieder zu geſellen. Sind ſie mit den Alten aufgeſtanden, ſo beginnen ſie bald darauf leiſe zu piepen, woraufhin die Alten, ſobald die Störung glücli<h vorübergegangen, antworten, um ſie zuſammenzurufen. Je mehr die Küchlein heranwachſen, um ſo vorſichtiger oder um ſo weniger dreiſt gebaren ſich die Alten, und wenn die Jungen ihre volle Größe erlangt haben, laſſen ſie nur in Ausnahmefällen no< den Jäger ſi< ſ{<ußgere<t nahen. Verliert die Mutter das Leben, ſo übernimmt der Vater allein die Erziehung der Jungen; findet auc er ſeinen Tod, ſo vereinigen ſih dieſe mit einem anderen Volke ihres Alters.
Mitte oder Ende Auguſt ſind die Jungen ausgewachſen. Von nun an verweilen ſie, laut Barth, noh etwa einen Monat an dem Brutorte; dann aber, Ende September oder Anfang Oktober, vereinigen ſie ſih mit anderen Ketten, bilden die weiter oben erwähnten Schwärme und werden nunmehr ſo ſcheu, daß es nur ſelten gelingt, einen ſicheren Shuß auf ſie abzugeben. Solange die Gebirgs8abhänge ſchneefrei ſind, bleiben ſolche Haufen da, wo ſie ſih zuſammengefunden, gleichviel, ob ſie bereits ihr Winterfleid ganz oder nur teilweiſe angelegt haben; ſobald aber S<hnee gefallen iſt, begeben ſih die Shwärme in höher gelegene Thäler, wo ſih an den Rändern von Gebirgsſeen Birkengebüſch vorfindet. Solche Plätze ſind es, welche faſt alle Moorhühner eines weiten Umkreiſes verſammeln und, namentlih vox kommenden Schneefällen, Tauſende anlo>en. Aufgeſcheuht ziehen dieſe dann als dichte, weiße, mehrere hundert Meter lange Wolke ſauſend an dem Jäger vorüber. Nach einem Schneefalle, der Berg und Thal gleihmäßig überde>t, zerſtreuen ſih die Haufen, und wenn auch die Ebene ihr Winterkleid erhalten hat, kommen ſie bi8weilen fogar zu ihr herab, bleiben jedo<h niht lange und begeben ſih bald wieder auf die Höhe, die ſie nah jedem neuen Schneefalle wiederum verlaſſen.
Da, wo das Balzgebiet eines Moorſchneehuhnes mit dem des Virkhuhnes zuſammenſtößt, geſchieht es, daß der liebestolle Moorhahn, vielleicht ein ſolcher, welcher niht das Glü> hatte, ein Weibchen zu erwerben, auf den Balzpläßen des Birkwildes ſich einſtellt, bei einer willigen Birkhenne Entgegenkommen findet und mit ihr Baſtarde erzeugt, die man Moorbirkhuhn (Lagopus lagopoides, lagopides und tetrici-albus, Tetrao lagopoides, lagopides und lagopodi-tetricides) genannt hat. Sie laſſen fih leihter als Ra>elhühner erkennen und beſtimmen, denn ihr Gefieder zeigt in niht mißzudeutender Weiſe eine vermiſchte Färbung beider Stammeltern, und das Schwarz des Birkhahnes wie das Weiß des Moorhuhnes kommen im Winterkleide dieſer Baſtarde in gleiher Weiſe zur Geltung. Alle Moorbirkhühner, welche in Norwegen zur wiſſenſchaſtlihen Unterſuchung famen, waren Männchen; indeſſen hat man in Schweden zu Anfang der vierziger Fahre auch einen weiblichen Baſtard erlegt, und wahrſcheinlih kommen lebtere keineswegs ſo ſelten vor, wie man annimmt, werden nur von unkundigen Jägern entweder niht beachtet oder als Birkhühner und Moorhennen im Sommerkleide angeſehen. Soviel mir bekannt, hat man Moorbirkhühner bis jeßt nur in Skandinavien erbeutet; dieſes anſcheinend vereinzelte Vorkommen erklärt ſih aber ſehr einfah dadurch, daß hier die Beſchaffenheit der Gebirge ein für die Paarung rehtzeitiges Zuſammenkommen beider Waldhuhnarten begünſtigt. Daß eine Vermiſchung der beiden Arten auch in umgekehrter Weiſe ſtattfindet, daß nämlich ein Birkhahn eine Moorhenne betreten ſollte, iſt bis jeßt nicht feſtgeſtellt worden, fann auh aus naheliegenden Gründen niht angenommen werden; männliche Moorhühner aber bemerkt man, laut Collett von kundigen Jägern gewordenen Mitteilungen, in geringer Anzahl faſt auf jedem Balz: oder doh Brutplaße des Birkhuhnes, und über ihre Verirrungen hat man au< dadurch Zeugnis erlangt, daß ſie zuweilen ehrlihe Haushennen mit Liebesanträgen beſtürmen, wie beiſpiel8weiſe ein Moorhahn im Frühlinge des Jahres 1857 im Bergenſtifte that. Über die Lebensweiſe der Baſtarde fehlen Beobachtungen;