Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 573
Steinhühner: Vorkommen. Weſen. Stimme. Nahrung. (5950
über Felsblö>Æe oder an ſeitlihen Abhängen empor und vermag ſih no< auf Flächen zu erhalten, die dem Anſchein nah einen ſo ſhwerleibigen Vogel in ſeinem Fortkommen auf das äußerſte behindern. Jm Vergleiche mit anderen Hühnerarten hat es einen leichten, geraden, ſ<nell fördernden und auffallend geräuſchloſen Flug; demungeactet ſtreicht es ſelten weit in einem Zuge fort, ſondern läßt ſi ſobald wie mögli wieder auf den Boden nieder, weil es auf die Kraft ſeiner Schenkel doh no< mehr vertraut als auf die verhältni8mäßig ſehr ſtarken Bruſtmuskeln. Ungezwungen fliegt es nie auf höhere Bäume, wie es überhaupt alle waldigen Stellen faſt ängſtlih meidet; im Notfalle verbirgt es ſich aber doh in den Nadelzweigen der Wettertanne. Sarudnoi ſah es in Fnneraſien auf hohen Wacholdern und Alfred Walter auf Ulmenbäumen. Unter den Sinnen ſteht das Geſicht/ deſſen Schärfe jedem Jäger wohl bekannt iſt, obenan. Daß die geiſtigen Fähigkeiten ſehr ausgebildet ſind, lehrt die Beobachtung des frei lebenden wie des zahmen Steinhuhnes. Während es auf den inneraſiatiſchen Gebirgen vor dem, wenn überhaupt, nur mit der Büchſe jagenden Menſchen kirre umherläuft, ſi nit einmal de>t, eher no auf eine Felſenplatte heraustritt, um die ſelten geſehene Geſtalt zu betrachten, iſt es in unſeren Alpen unter allen Berghühnern das ſcheueſte und vorſichtigſte, achtſam auf alles was rundum vorgeht, unterſcheidet den Schüßen ſehr wohl von dem ihm ungefährlichen Hirten, wie es überhaupt ſeine Feinde genau tennen lernt, verſteht meiſterhaft, ſih den verſchiedenſten Nachſtellungen zu entziehen, und beweiſt zu jeder Zeit einen hohen Grad von Klugheit; aber es fügt ſich, gezwungen, auch ſehr leiht in veränderte Umſtände und wird gerade deshalb in überraſchend furzer Zeit zahm und zutraulih gegen ſeinen Pfleger. Die Stimme erinnert in mancher Hinſicht an das Ga>ern der Haushühner. Der Loruf iſt ein ſchallendes „Gigigich“ oder „Tſchattibit tſchattibiz“, der Laut, der beim Auffliegen ausgeſtoßen wird, ein eigentümliches Pfeifen, das man durch die Silben „pitſchü pitſchii“ ungefähr wiedergeben kann. Da, wo es viele Steinhühner gibt, glaubt man ſi, wie von der Mühle ſagt, zur Paarungszeit in einen Hühnerhof verſetzt, ſo vielfältig erſchallt der Ruf dieſer anmutigen Geſchöpfe von allen Seiten her.
Die Nahrung beſteht aus verſchiedenen Pflanzenſtoffen und aus Kleingetier mancherlei Art. Jm Hochgebirge nähren ſi die Steinhühner von den Knoſpen der Alpenroſe und anderen Hochgebirgspflanzen, von Beeren, zarten Blättern und verſchiedenen Sämereien, nebenbei aber auh von Spinnen, Kerfen, deren Larven und dergleichen; in der Tiefe beſuchen ſie die Felder, namentlich ſolange das Getreide noh niedrig und friſh iſt und verzehren dann zuweilen nihts anderes als die Spigßen von jungem Weizen und anderem grünenden Getreide; im Winter gehen ſie au< wohl die Wacholderbeeren an oder nehmen ſelbſt mit Fichtennadeln vorlieb.
Da, wo Steinhühner häufig ſind, vereinigen ſi, wie {hon bemerkt, im Spätherbſte oft mehrere Völker zu zahlreichen Ketten, in Fndien, laut „Mountaineer“, zu ſolchen, welche bis 100 Stü zählen können. Mit Beginn des Frühlings ſprengen ſich dieſe Vereine wieder, und nunmehr wählt ſi jedes einzelne Paar einen beſonderen Standort, inmitten deſſen es zu brüten gedenkt. Hier verbringt es, laut Girtanner, die Nacht an geſicherter Stelle unter Alpenroſen- oder Legföhrengebüſch, tritt am Morgen zur Äſung auf freiere Stellen heraus und läuft dabei viel umher, zieht ſich um Mittag unter Gebüſ< zurü> oder nimmt ein Sandbad, verweilt in träger Nuhe bis gegen Abend, halb ſchlafend, im fühlen Schatten und zieht gegen Abend wiederum äſend ſeinem Schlafplaze zu. Der Hahn iſt der Gattin gegenüber ſehr zärtlich, balzt mit hängenden Flügeln, halb geſtelztem und halb gebreitetem Schwanze, ruft jedem anderen ſeines Geſchlechtes kampfluſtig zu, verteidigt ſein glü>li< errungenes Gebiet mit Heldenmut und bekämpft auh dann noh, wenn die Henne bereits brütet, jeden Eindringling ſeiner Art mit Leidenſchaftlichkeit.
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