Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

88 Siebente Ordnung: Suchvögel; dritte Familie: Möwen

ebenfalls vorbiegt, kleinen, niedrigen, vierzehigen, mit furzen, oft tief ausgeſcnittenen Schwimmhäuten und wenig gebogenen, ziemlih \{harfen Krallen ausgerüſteten Füßen, ſehr langen, ſ{<malen und ſpißigen Flügeln, unter deren Schwingen die erſte die längſte iſt, mittellangem, mehr oder weniger tief gegabeltem, aus 12 Federn gebildetem Schwanze und dihtem, knapp anliegendem, weichem Gefieder, in welchem ein lichtes Bleigrau, Schwarz und Weiß vorherrſchen, und das nah dem Geſchlehte wenig oder niht, nah Jahreszeit und Alter weſentli<h abändert.

Die Seeſchwalben, von wel<hen man etwa 70 Arten kennt, bewohnen alle Gürtel der Erde, leben am Meere und an ſüßen Gewäſſern und folgen wandernd der Küſte oder dem Laufe der Flüſſe. Einige Arten lieben den flachen, kahlen Seeſtrand andere pflanzenreiche Gewäſſer; einzelne ſiedeln ſi< vorzugsweiſe in ſüdlichen Küſtenwäldern an.

Alle Arten ſind äußerſt unruhige, bewegungsluſtige Vögel und von Sonnenaufgang bis Sonnenniedergang faſt ununterbrochen thätig. Die Nacht verbringen ſie liegend am Ufer, den Tag faſt ausſcließli< fliegend in der Luft. Jm Sigen halten ſie den Leib wagere<t oder vorn ein wenig geſenkt, ſo daß die langen Säbelflügel mit den Spitzen höher liegen als der eingezogene Kopf, erſcheinen daher nur dann, wenn ſie auf erhöhten Gegenſtänden, Steinen, Pfahlſpißen und dergleichen ausruhen, etwas gefälliger; ihr Gang iſt trippelnd, ſie gehen deshalb au< bloß auf kurze Stre>en; im Schwimmen werden \ie zwar, ihrer Leichtigkeit halber, wie Kork getragen, ſind aber nicht im ſtande, die Wellen zu zerteilen; fliegend dagegen entfalten ſie bewunderung8würdige Bewegungsfähigkeit. Wenn ſie keine Eile haben, bewegen ſie die Shwingen in langſamen, weit ausholenden Schlägen und gleiten unſtet in einer ſanften Wellenlinie fort; wollen ſie ſi< aber raſh fördern, ſo greifen ſie kräftig aus und jagen dann reißend ſchnell dur die Luft. Bei ruhigem Wetter ſicht man ſie au< die ſchönſten Shwenkungen und Kreislinien ausführen, wogegen ſie bei heftigem Winde in einem beſtändigen Kampfe mit dem Luſftſtrome liegen und traten müſſen, ſih dem Winde beſtändig entgegenzuſtellen, weil ſie ſon unfehlbar erfaßt und wie ein Flederwiſh zurücgeſchleudert werden. Gewöhnlich ſieht man ſie niedrig über dem Waſſer fortfliegen, bald aufſteigend, bald ſih ſenkend, bald plöglih auch mit knapp eingezogenen Flügeln in ſchiefer Linie herabſtoßen und ſich ſo tief in die Wellen eintauchen, daß beinahe der ganze Körper verſhwindet, hierauf wieder ſi< emporarbeiten, die Flügel zu>kend bewegen, um die Waſſertropfen abzuſchütteln und das alte Spiel von neuem zu beginnen. Fn dieſer Weiſe durhmeſſen ſie im Laufe des Tages ſehr bedeutende Stre>en, obgleich ſie ſi< ungern von einer Stelle weit entfernen, vielmehr immer und immer wieder zum Ausgangspunkte zurü>fehren. Die Stimme iſ ein unangenehm kreiſchender Laut , der dur<h „kriäh“ ausgedrüt werden kann und ſi bei den verſchiedenen Arten wenig unterſcheidet. Unter den Sinnen ſtehen Geſicht und Gehör entſchieden obenan. Beobachtung ihrer geiſtigen Eigenſchaften läßt erkennen, daß ſie ebenſo vorſichtig und ſcheu wie raſtlos ſind, ohne Geſellſchaft anderer ihrer Art kaum beſtehen können, demungeachtet jede Erwerbung ihrer Genoſſen mit mißgünſtigem Auge betrachten, deshalb auch eilig und ſcheinbar neugierig herbeiſtürzen, ſobald ſie einen anderen Stoßtaucher arbeiten oder auh nur einen lihten Gegenſtand in ähnlicher Weiſe von der Höhe zur Tiefe hinab auf das Waſſer fallen ſehen, daß ihr ganzes Sinnen und Trachten auf Erbeutung der Nahrung gerichtet iſt und alles übrige ſie nur inſofern kümmert, als es ihre Erwerbungen begünſtigen oder beeinträhtigen fann, daß ſie demgemäß ſih zwar oft in Geſellſchaft anderer Tiere begeben, niemals jedo< Anhänglichkeit an dieſe bekunden, unter ſich aber ſo viel Gemeinſinn beſißen, über jeden gemeinſchaftlihen Gegner herzufallen und für das Wohl der Geſamtheit nah Kräften einzutreten. Beide Gatten eines Paares hängen mit Treue aneinander und lieben ihre Brut warm und innig, ſeßen ſi< au< troß ihrer