Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Brandſeeſchwalbe. Mittelſeeſ<hwalbe. Flußſeeſ<hwalbe. 3 93

Südeuropa, Aſrika und Amerika, ſüdwärts bis zum Kaplande und Braſilien vordringend. An unſeren Nordſeeküſten erſcheint ſie früheſtens Ende April, beginnt bald darauf zu brüten und wandert bereits im Auguſt, ſpäteſtens im September wieder nah Süden, um im Mittelländiſchen, Roten, Fndiſchen und ſüdlichen Atlantiſchen Meere zu überwintern. Fn die DſE ſee verfliegt ſi<h wohl eine und die andere, ſchreitet aber hier niht zur Fortpflanzung.

Jn ihrem Betragen und Gebaren, Weſen und Sein erinnert die Brandſeeſchwalbe mehr als jede andere deutſche Art ihrer Gattung an die Raubſeeſchwalbe. Dieſer ähnelt ſie in jeder Beziehung, ſo daß es überflüſſig erſcheinen darf, nah den bereits gegebenen Mitteilungen noh weiteres zu fagen. Doch jagt ſie nur auf Fiſche, nicht auf Vögel, raubt auch deren Neſter nicht aus.

Zhr Brutgeſchäft ſchildert Naumann in maleriſcher Weiſe. Sie niſtet immer geſellig, zu Tauſenden und Hunderttauſenden von Paaren vereinigt, und drängt ſih auf beſtimmten Vläßen dicht zuſammen. Als Naumann im Jahre 1819 die Nordſeeinſeln beſuchte und ſi dem kleinen Cilande Norderoog näherte, hätte er es für eine Schneeinſel halten mögen, weil die Vögel den Strand, dem er ſich zuwendete, ſo dicht bede>ten, daß alles ſ{hneeweiß ausſah und der lange Streifen von den dunkeln Meereswogen grell fich abhob. Durch einen Eier ſammelnden Mann aufgeſchre>t, erhob ſi mit einem Male der ganze unermeßliche Shwarm und wirbelte über des Mannes Haupt in Geſtalt einer unabſehbaren, in ſih ſelbſt höchſt lebhaft ſich bewegenden und wunderlich kribbelnden Wolke. Tritt man unter die Vögel, ſo umſchwirren ſie ganz niedrig den RNuheſtörer; die zahlloſen Geſtalten verfinſtern die Luft, und ihre durchdringenden, freiſhenden Stimmen verwirren die Sinne. Während man langſam und vorſichtig mit zu Boden gerichteten Bli>ken zwiſchen den dicht nebeneinander ſtehenden Neſtern dahinſchreitet und ſi< bemüht, keins der Eier zu zertreten, werden die Vögel ſo fe> und umflattern den Sucher ſo nahe, daß ſie mit ihren Flügeln niht ſelten an den Hut oder Kopf ſtoßen. Dabei laſſen ſie ihren Unrat fo dit auf ihn herabfallen , daß die Kleider ſpäter ausſehen, als ob ſie mit Kalk beſprißt wären. Sie fliegen ſo diht neben- und übereinander, daß ſie unter hörbarem Klappen mit ihren Flügeln aneinander ſchlagen. „Ein ſolhes Wirren und Wimmeln, Schwirren und Toben vermag auch die lebendigſte Schilderung nicht genügend zu verſinnlichen; wer ſich nicht ſelbſt dazwiſchen befand, kann ſi keinen rihtigen Begriff machen von dieſem Leben und Weben, Drängen und Treiben ſo ungeheurer Vogelmaſſen.“ FJhre Niſtpläße ſind entweder weite, furz begraſte Raſenflächen oder tro>ene Sandbänke in unmittelbarer Nähe des Meeres. Eine kleine, napfförmige Vertiefung dient als Neſt. Eins dieſer Neſter ſteht ſo dit an dem anderen, daß die brütenden Vögel die gleiche Nichtung annehmen müſſen und denno<h ſi< oft noh im Sitzen gegenſeitig berühren. Selbſt der vorſichtigſte Sammler zertritt unwillkürlich einzelne Cier. Lebtere, von welchen 2, höchſtens 8 in jedem Neſte liegen, gereichen der dunkeln Raſenfläche zum reizenden S<hmu>e. Sie ſind dur<ſhnittli<h 55 mm lang, 36 mm di>, eigeſtaltig, ziemlih grobkörnig und auf thon- oder fkalfweißem, roſt gelblichem oder grünlihweißem Grunde mit bleich violetten Unter-, braunen Mittel- und dunkelbraunen Oberfle>en der verſchiedenſten Geſtalt gezeihnet. Nach ungefähr dreiwöchiger Brutzeit entſhlüpfen die Jungen, verlaſſen bald darauf das Neſt und verbringen ſodann die Tage ihrer Jugend nah Art ihrer Verwandten.

Die Flußſeeſ<hwalbe, Rohrſhwalbe, Spirer, Tänner 2c. (Zterna hirundo, fluyiatilis, chelidon, macroptera, pomarina, senegalensis, wilsonii und blasii), hat einen dünnen, etwas bogenförmigen, ziemli<h kurzen Schnabel, ſehr niedrige, kurzzehige Füße und tief gegabelten Schwanz. Oberkopf und Na>en find ſhwarz, Mantel und Schultern bläulih aſ<hgrau, Kopfſeiten, Hals, Bürzel und alle Unterteile weiß, die weiß