Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

96 Siebente Ordnung: Suchvö gel; dritte Familie: Möwen.

benußte Vorratskammer abgeben, troßdem aber die Zahl der Seeſhwalben ſeit Menſchengedenken ſih niht vermindert habe. Lebteres war augenſcheinlich.“

Nicht ſelten geſchieht es, daß bei plößlihem Steigen des Stromes oder am Meere bei heftigem Sturme Brutanſiedelungen und Tauſende von Neſtern überſhwemmt werden. Tritt ein ſolcher Unglücksfall frühzeitig im Jahre ein, ſo entſchließen ſich die Flußſeeſhwalben zu einer zweiten Brut, wogegen ſie ohne Nachkommenſchaft bleiben, wenn die Vernichtung ſpäter ſtattfand. Jedenfalls iſt das Waſſer ihr ſhlimmſter Feind; denn vom Menſchen haben fie glü>licherweiſe niht viel zu leiden, und den Raubtieren entgehen ſie, wenn ſie einmal erwachſen ſind, gewöhnlich ohne ſonderlihe Mühe. Naumann ſah einigemal, daß Flußſeeſhwalben von Baumfalken verfolgt wurden. „Das gewöhnliche Rettungsmittel der Shwimmvögel und mancher anderen, ſich ſogleih ins Waſſer zu ſtürzen“, ſagt er, „ſahen wir die Verfolgten hier niht ergreifen, dagegen aber die Flußſeeſ<hwalbe den Stößen des Falken mit einer bewunderungswürdigen Gewandtheit ausweichen, ſie nah jedem Stoße höher ſteigen, bei manchen auch ſenkrecht ein Stü herabfallen oder eine kühne Seitenwendung ausführen, dabei aber immer no<h mehr und mehr den Wolken ſi< nähern, bis endlih des Falken Kraft erſchöpft wurde und er unverrichteter Sache abziehen mußte. Junge fängk er indeſſen mit größerer Leichtigkeit; doch kann ihm eine völlig erwachſene auh ſhon ſehr viel zu ſchaffen machen. Er ſcheint ein Hauptfeind der Flußſeeſ<walben zu ſein und ihnen die eben flugbaren Fungen nicht ſelten wegzukapern.“ Die Brut wird von den Naben im weiteſten Sinne und am Meere auh von den größeren Verwandten gefährdet, obwohl die Alten mit Heldenmut für ſie einſtehen. Der verſtändige Menſch verfolgt ſie nicht. Gefangene ſieht man hier und da in den Tiergärten oder bei Liebhabern, ſ{hwerli< aber auf längere Zeit, weil man nicht im ſtande iſt, ihre Lebensbedürſniſſe zu befriedigen.

Die Zwergſeeſ<hwalbe (Sterna minuta, minor und metopoleucos, Sternula minuta, fissipes, danica, pomarina und antarctica) unterſcheidet ſi< dur< verhältnismäßig ſtarken und etwas kurzen Schnabel, die tief ausgeſchnittenen Shwimmhäute und den ſeiht gegabelten Schwanz von anderen Arten der Gattung. Stirn, Unterſeite und Steuerfedern ſind weiß, Oberkopf und Na>en ſ{hwarz, die Mantel- und Flügelfedern aſchgrau, die drei erſten ſ<hwarz geſchafteten Handſchwingen ſ{<hwärzli<, innen bis gegen die Spitze breit weiß geſäumt, die übrigen grau. Das Auge iſt braun, der Schnabel wachsgelb, an der Spigze \{<hwarz, der Fuß lehmgelb. Die Länge beträgt 22, die Breite 50, die Fittihlänge 18, die Shwanzlänge 8 cm. Das Junge iſt ähnlich gefle>t wie das der verwandten Arten. :

Über vier Erdteile, Aſien, Europa, Afrika und Amerika, erſtre>t ſich der Verbreitungsfreis dieſer Éleinſten Art der Familie; nah Norden hin wird er ungefähr bis zum 58., nah Süden hin etwa’ bis zum 24. Grade der Breite reichen. Auch ſie bewohnt hauptſächlich jüße Gewäſſer, insbeſondere größere Ströme, ohne jedo<h die Meeresküſte gänzlih zu meiden. Flache, vom Waſſer umfloſſene Kiesbänke ſind die erſte Bedingung, die ſie an ihren Wohnplag ſtellt; wo dieſe fehlen, ſiedelt ſie ſih niemals an. Fn Deutſchland erſcheint ſie erſt im Mai, zuweilen niht vor der Mitte dieſes Monats, brütet und begibt ſi bereits im Juli oder ſpäteſtens im Auguſt auf die Wanderſchaft. Aber ſie reiſt langſam, hält ſi überall no< ein wenig auf, wird deshalb ſhon im Süden Deutſchlands no< viel ſpäter bemerkt als im Norden und geht in der Regel auh niht weit, nämli<h nur bis an die . Ströme und Strandſeen Nordafrikas hinab. Jn ähnlicher Weiſe wandert ſie vom Norden Aſiens und vom nördlichen Amerika aus nah Süden.

„Die Zwergſeeſhwalbe gibt“, wie Naumann ſagt, „an Schönheit keiner anderen Art ihrer Familie etwas nah, und daß man hier alles im verjüngten Maßſtabe ſieht, erhöht