Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Zwergſeeſ<hwalbe. Lachſeeſhwalbe. 97

den Reiz für den Beſhauer.“ Sie unterſcheidet ſi< au< im Betragen niht weſentli<h von den Verwandten, geht und ſ{<hwimmt wie diefe, fliegt in ähnlicher Weiſe, vielleicht noh etwas ſchneller und leichter, aber mit denſelben kühnen Windungen und in ebenſo mannigfah wechſelnder Art, in der Regel eine anmutige Behendigkeit entwickelnd; denn ſie ſcheint beſtändig Eile zu haben und iſt unbedingt eine der lebhafteſten und flinkeſten ihrer Gattung. „Begegnen ſih zwei dieſer munteren Vögel“, fährt Naumann fort, „ſo drücken ſie ihre Freude dur lautes Schreien aus. Bald kommt ein dritter, ein vierter hinzu; das Geſchrei vervielfältigt ſich; die Töne folgen haſtiger, und es beginnt ein gegenſeitiges Ne>en, wobei die herrlichſten Shwenkungen ausgeführt werden. Solche Szenen des Frohſinnes und Übermutes wiederholen ſih an gut beſeßten Wohnpläßen tägli<h mehrere Male. Sie machen ſi dadurch ſehr bemerkli< und ſelbſt ſolchen Leuten angenehm, welche ſonſt auf dergleichen niht zu aten pflegen. Selten ſcheinen ihre Neckereien und Spiele in wirklichen Zank auszuarten; wenigſtens iſt es dann nur ein kurzes Aufbrauſen und bald vorüber. Bei allen ihren Handlungen verliert die liſtige Zwergſ ceſhwalbe den Menſchen nicht außer Augen und ihr Mißtrauen nur da etwas, wo ſie oft und viele Menſchen zu ſehen bekommt, aber von feinem verfolgt wird.“ Wie es ſcheint, iſt ſie minder geſellig als ihre Verwandten. Während der Zugzeit ſieht man ſie allerdings auch zuweilen in zahlreihen Geſellſchaften, am Niſtplaße aber immer nur in kleineren Vereinen von zehn und weniger Paaren. Fhre Stimme hat niht das unangenehm Kreiſchende der anderen Seeſchwalben, iſt au<h etwas vielſeitiger; Laute, die wie „fräk“ oder „fräit“ flingen, vernimmt man am häufigſten, bei einiger Aufregung namentlich das leßtere, bei Furcht vox Gefahr ein oft wiederholtes „Krek“ und „Kek“, gelegentlih ihrer Ne>ereien ein ſhwaßendes „Ke>ärrek kiteret“, der bekannte Laut „kriäh“ iſt aber auh ihr Hauptgeſchrei.

Kleine Fiſhe mancherlei Art bilden ihre Beute; nebenbei fängt ſie auh Kerbtiere und deren Larven oder im Meere kleine Krebſe und dergleichen. Wenn mehrere gemeinſchaftlich fiſchen, geht es ſehr lebhaft und laut zu; denn die glückliche wird von allen übrigen beneidet, verfolgt und, wenn es irgend angeht, um die gemachte Beute beſtohlen, wobei alle ſchreien und ſchelten.

Wenig von Menſchen beſuchte, kieſige Stellen an der Meeresküſte in der Nähe der Flußmündungen oder ebenſo beſchaffene Bänke und Jnſeln in den Strömen werden zum Niſten benußt. Die Anſiedler gehen mit Verwandten keine Geſellſchaft ein, dulden es aber gern, wenn Regenpfeifer denſelben Plaß mit ihnen teilen. Jhre Neſter, einfache Vertiefungen, ſtehen etwas entfernt voneinander; eine zahlreihere Geſellſhaft braucht alſo einen Plas von ziemlihem Umfange. Eine Auskleidung dieſer Vertiefung wird nicht für nötig erachtet. Die 2—3 etwa 32 mm langen, 23 mm dien, zartſchaligen, glanzloſen, auf trübe roſtgelbem Grunde mit hell aſ<grau- und veilhenfarbenen, auch tiefbraunen Fle>en, Punkten und Schnörkelchen gezeihneten Eier liegen auf bloßer Erde. Beide Eltern brüten abwechſelnd 14—15 Tage lang, bei warmem Wetter am Tage nur in Zeiträumen von faum einer Viertelſtunde: beide aber lieben die Brut in demſelben Grade wie ihre Verwandten und ziehen ſie auch in ähnlicher Weiſe groß, falls es ihnen gelingt, denſelben Feinden, die ih. bei Schilderung der Flußſhwalben erwähnte, zu entgehen.

Mehr als die bisher erwähnten Arten untereinander weicht die Lachſeeſhwalbe, A>er- und Spinnenſeeſhwalbe (Sterna nilotica, anglica, aranea und rÍS0rTÍa, Gelochelidon anglica, balthica, nilotica, meridionalis, palustris, aranea und macrotarsa, Viralva anglica, aranea und affinis, Laropis anglica), von dem allgemeinen Gepräge ab. Der merkli<h gebogene Schnabel iſt kürzer als der Kopf, der fleine, mit ſtark ausgeſ<hnittenen Shwimmhäuten verſehene Fuß ſ{lank und hoh, der Schwanz kurz und

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Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VT.