Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Krokodil wächter: Weſen. Lebenëweiſe. Fortpflanzung. rane

Seinen aus dem Arabiſchen überſeßten Namen trägt er mit vollſtem Nechte, leiſtet jedo<h niht bloß dem Krokodile, ſondern allen übrigen Geſchöpfen, welche auf ihn achten wollen, Wächterdienſte. Jedes Schiff, jeder nahende Menſch, jedes Säugetier, jeder größere Vogel erregt ſeine Aufmerkſamkeit, und er beeilt fi, dur lebhaftes Geſchrei dies männiglich kundzugeben. Anerkennenswerte Liſt, ſ{harf beurteilender Verſtand und bewunderungswürdiges Gedächtnis ſind ihm eigen: es ſcheint, als fürchte er keine Gefahr, aus dem einfahen Grunde, weil er ſie kennt und zu würdigen weiß. Mit dem Krokodile lebt er wirkli in Freundſchaft, aber nicht etwa, weil das gefräßige Kriechtier wohlwollende Gefühle für ihn hegt, ſondern weil ſeine Klugheit und Gewandtheit ihn vor böswilligen Gelüſten ſihern. Bewohner der Sandbänke, die das Krokodil zum Schlafen und Sonnen aufſuht, iſt er mit dieſem Ungeheuer von Jugend auf vertraut geworden und hat gelernt, wie er ſih ihm gegenüber benehmen muß. Ohne Beſorgnis läuft er auf dem Nücken der Panzerechſe auf und nieder, als ob dieſer ein Stü> grünen Raſens wäre, unbekümmert lieſt er Kerbtiere und Egel ab, die das Krokodil ſchröpfen wollen, wagt ſih ſogar daran, ſeinem gewaltigen Freunde die Zähne zu puzen, d. h. buchſtäblih Brocken, die zwiſchen dieſen hängen blieben, oder Tiere, die ſih an den Kinnladen und dem Zahnfleiſche feſt: ſekten, wegzunehmen: ih habe das geſehen, und zwar zu wiederholten Malen. Wie er mit einem Seeadler umgeht, erzähle ih ſpäter. Jn ſeinem Gebaren zeigte ſih bei jener Gelegenheit ſicherlih ebenſoviel Dreiſtigkeit und Überlegung, wie ſie der Sperling bekundet, wenn er gefangene Adler in ihrem Käfige beſuht und ſcheinbar unbekümmert das verlangende Auge dieſer Räuber auf ſich ruhen ſieht. Fn der Achtſamkeit des Krokodilwächters und in der Würdigung der Umſtände und Ereigniſſe beruhen auch die Dienſte, die er leiſtet. Das Geſchrei, das er beim Anblicke eines ihm fremdartig oder gefährlich dünkenden Weſens oder Gegenſtandes ausſtößt, erwe>t das ſchlafende Krokodil und läßt dieſem geraten erſcheinen, ſi in die ſicheren Fluten zurüczuziehen.

Es iſt möglich, daß unſer Vogel dann und wann ein Samenkorn mit verzehrt; ſeine gewöhnliche Nahrung aber entnimmt er dem Tierreihe. Er frißt Kerbtiere aller Art, namentli<h Sandkäfer, Fliegen, Waſſerſpinnen, Gewürm, kleine Muſcheln, Fiſche und, wie aus der angegebenen Beobachtung hervorgeht, au<h Bro>ken vom Fleiſche größerer Wirbeltiere.

Die Liſt des Krokodilwächters zeigt ſih deutlich gelegentlih ſeines Fortpflanzungsgeſchäftes. Nur einmal iſ es mir gelungen, das Neſt des häufigen Vogels aufzufinden, obgleich ih zu allen Jahreszeiten und insbeſondere, wenn die Zergliederung der erlegten Stücke mich lehrte, daß die Brutzeit eingetreten war, nah Neſtern und Eiern geſucht habe. Ein Zufall ließ mi entde>en, wie es der ſhlaue Geſell anfängt, ſeine Eier vor dem Auge eines Feindes zu verbergen. Durch das Fernrohr beobachtete ih längere Zeit ein Pärchen, von welchem der eine Gatte auf dem Sande ſaß, während der andere in ſeiner gewöhnlichen Weiſe hin und her lief. Jh vermutete, daß der ſißende mit Brüten beſchäftigt ſein möge, nahm mir die Stelle feſt ins Auge und ging langſam darauf zu. Zu niht geringem Erſtaunen bemerkte ih, daß der Vogel, als ih etwa bis auf 100 Schritt herangekommen war, mit einer gewiſſen Vorſicht aufſtand, eilfertig ſcharrte, ſodann zum anderen rannte und mit dieſem ſih ſcheinbar gleichgültig entfernte. Bei der betreffenden Stelle angekommen, konnte ih zunächſt nichts unterſcheiden, und mehr zufällig als infolge meines Suchens entde>te ih endlich eine Unebenheit im Sande, grub nach und hatte zwei Eier in den Händen, die vollſtändig mit Sand überde>t geweſen waren und, wenn die Mutter mehr Zeit gehabt hätte, gewiß ſo überde>t worden wären, daß man auh die Mulde niht wahrgenommen haben würde. Die Eier dieſer Vögel gehören zu den ſchönſten, die Suchvögel überhaupt legen. Jn Geſtalt und Korn ähneln ſie den Eiern des Wüſtenläufers, in der