Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

50 Erſte Ordnung: Stachelfloſſer; zweite Familie: Schuppenfloſſer.

Mit wenigen Ausnahmen halten ſi< alle Shuppenfloſſer in den oberen Schichten des Waſſers und nahe der Küſte auf; einige gehen auh in den Flüſſen ſtromaufwärts, und andere wandern gelegentlih na<h dem hohen Meere hinaus, Schiffen folgend, um deren Abfälle aufzunehmen oder anderer Beute nachjagend. Die meiſten, insbeſondere die prachtvoll gefärbten Arten der Familie, finden ſi regelmäßig in der Nähe der Riffe oder über Untiefen, ſpielen hier im Sonnenſchein lebhaft miteinander und ſcheinen ſi< darin zu gefallen, ihre Pracht zur Schau zu bringen. Zhre Schönheit wird durch die Bewegung no bedeutend erhöht, und deshalb ſprechen auh alle Beobachter, die ſie lebend ſahen, mit Entzücken von ihnen. Jm Noten Meere bemerkt man ſie, laut von Heuglin, hauptſächlich in den tiefen Klüften oder brunnenartigen Einſenkungen zwiſchen den Korallenriffen, die auh bei hohem Seegange ruhiges und klares Waſſer behalten und mit einem förmlihen Walde von Korallenäſten beſtanden ſind. Wenn das Schiff des Reiſenden in dunkeln Nächten zwiſchen den Riffen ankert, erkennt man das Vorhandenſein dieſer Fiſche an dem Leuchten des Meeres. Man nimmt, oft in beträchtlicher Tiefe, mattſhimmernde Stellen wahr; plößlih ſtieben ſie wie ſprühende Funken auseinander, ziehen langſam hin und her, ſammeln ſi< na< und nah wieder, bilden Gruppen und verteilen ih von neuem.

Abgeſehen vielleiht von einigen Arten, nähren ſi alle bekannten Schuppenfloſſer von anderen Tieren, die meiſten wahrſcheinlich von weichen Seetieren, alſo kleinen Quallen, Seeroſen, Korallentierhen 2c., während ihre Jagd da, wo die von ihnen beliebten Küſten bewaldet ſind, hauptſächlich den Kerbtieren gilt. Die zwiſchen den Riffen ſih aufhaltenden umſpielen, wie von Heuglin mir ſagte, die Korallenſtämme in ähnlicher Weiſe, wie Laubſänger die Bäume umflattern. Scharenweiſe ſtehen ſie einige Augenbli>e vox einem verzweigten Aſte ſill, ſchießen dann plöglih ru>weiſe vor, bohren oder beißen an den tieriſchen Blüten und eilen, alle wie von einem Geiſte beſeelt, ſhnell einer anderen Stelle zu, hier dasſelbe Spiel, dieſelbe Jagd von neuem beginnend. Klunzinger ſcheint zu glauben, daß ſie weniger der Korallentiere als der auf deren Stö>ken wachſenden Algen halber ſi< zwiſhen den Korallenbänken aufhalten, und gibt an, daß ſie Algen freſſen, widerlegt jedo<h von Heuglins Angabe niht. Anders als die zwiſchen den Korallen lebenden Arten verfährt der Schüße. Er hat ſeit langem dur<h die Art und Weiſe, wie er ſich ſeine Nahrung erwirbt, einen gewiſſen Nuhm erlangt, d. h. die Aufmerkſamkeit der Anwohner auf ſih gelenkt und ſih deren Zuneigung in ſo hohem Grade erworben, daß er in ſeiner Heimat unter die Haustiere aufgenommen wurde. Hommel, ſeiner Zeit Vorſteher des Hoſpitals zu Batavia, gab zuerſt Kunde vom Treiben der Schüßen; Mitchell und andere beſtätigten ſeinen Bericht in jeder Beziehung.

Sobald der Schüßenfiſch eine Fliege oder ein anderes Kerbtier auf einer über das Waſſer hängenden Pflanze ſiven ſieht, nähert er ſi bis auf eine Entfernung von 1—1,5 m und ſprißt aus ſeinem röhrenförmigen Schnabel einige Waſſertropfen ſo heftig und ſo ſicher nah der Beute, daß er ſie ſelten verfehlt. Den Javanen dienen dieſe Shuppenfloſſer zur beſonderen Augenweide. Man hält ſie in kleinen Waſſerbe>en, in deren Mitte ein Sto> etwa 60 cm über das Waſſer emporragt; in den Sto ſind hölzerne Zapfen eingelaſſen, an denen die jenen zur Nahrung dienenden Kerbtiere leiht befeſtigt werden. Bald nachdem dies geſchehen, erſcheinen die Fiſhchen, umſhwimmen zuerſt den Pfahl, kommen dann zur Oberfläche des Waſſers empor, verweilen ruhig auf einer Stelle, heften die Augen einige Zeit auf das betreffende Kerbtier, ſprißen plößlich einige Tropfen Waſſer nah ihm, werfen es herab, wenn ihnen ihr Schuß glü>te, und verſhlu>en es. Treffen ſie nicht, ſo ſhwimmen ſie einigemal um den Pfahl herum, ſtellen ſich von neuem auf und thun wie vorher. Beim Auſsprißen vernimmt man ein Geräuſch, wie kleine Waſſerſprißen