Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Allgemeines. — Seebarben. 51

es hervorbringen. Die Sicherheit, womit ſie den Waſſerſtrahl auf ihre Dpfer werfen, iſt bewunderungswürdig. Um ſie zu beobachten, ſpießte Hommel eine Fliege mittels eincr Nadel auf den Sto> und ſah nun, wie alle ſeine Fiſche ſi<h um die Wette veſtrebten, die Fliege zu fällen, und ohne Unterlaß mit außerordentlicher Schnelligkeit, auh ohne jemals ihr Ziel zu verfehlen, Waſſertropfen nah ihr abſchoſſen. Fn dem Magen des Schüßen hat man fleine aſſelartige Tiere maſſenweiſe gefunden; die Kerbtiernahrung ſcheint alſo für dieſe Arten die natürliche, jeder anderen vorgezogene zu ſein.

Über die Fortpflanzung der Schuppenfloſſer iſt nichts bekannt; über die Art und Weiſe ihres Fanges kann ih nur mitteilen, was mir von Heuglin erzählte. Sie beißen gierig nah jedem Köder, den ſie verſchlingen zu können glauben, namentli<h, wenn man die Angel in eine gewiſſe Tiefe verſenkt. Troßdem fällt der Fang niht immer ergiebig aus, weil ſie ſih, ſobald ſie den Angelhaken ſpüren, zwiſchen dem Geklüfte der Riffe zu verbergen ſuchen, ſi<h förmlih in Löcher einklemmen und aus ihnen niht hervorgezogen werden können. Als ungemein anziehend ſchildert von Heuglin den Fang in dunkeln Nächten. An dem Leuchten des Meerwaſſers kann man die ſih um den Köder drängenden Fiſche no< in Tiefen von mehreren Klaftern deutlih wahrnehmen und an dem blißartigen Aufleuchten der Angelſchnur, die wie ein brennender Schwefelfaden ausſieht, eher no als an dem erfolgenden Rucke erkennen, daß einer angebiſſen hat. Klunzinger widerlegt von Heuglin, indem er angibt, daß ſie ſelten gefangen werden, weil ſie nicht anbeißen. Mehrere Arten der Familie werden eifrig verfolgt, weil man ihr Fleiſh ungemein ſ<häßt, andere im Gegenteil gänzlih verachtet oder höchſtens von ſolchen Leuten gegeſſen, welche die Lebensweiſe und oft ekelhafte Nahrung der Fiſche niht kennen. Mehrere Arten erfahren ihrer ſ<hönen Zeichnung halber förmliche Verehrung ſeitens der Fiſcher; andere werden getro>net oder zu Aſche verbrannt und ſodann als Heilmittel verwendet.

Alle Meere des heißen und gemäßigten Gürtels beider Halbkugeln beherbergen {ön geſtaltete Fiſche, die man Seebarben (Mullidae) genannt hat. Fhr nur wenig zuſammengedrüdter Leib iſt längli<h, im Schnauzenteile geſtre>t, das weit unten liegende Maul klein, das Gebiß verſchieden, gewöhnlih ſ{wa<zahnig, das Kinn mit zwei am vorderen Ende des Zungenbeines ſißenden, mehr oder weniger langen Bartfäden ausgeſtattet, der vordere Teil des Kopfes wie die Kehle na>t, der übrige Kopf wie der ganze Leib mit großen, fein gezähnelten Schuppen bekleidet, der Vorde>el der Kiemen ganzrandig, der hintere mit einem Deelchen verſehen, die Kiemenhaut, in der man höchſtens vier Strahlen zählt, bis zum vorderen Ende des Zwiſchende>els geſpalten, die vordere Rückenfloſſe in einer Furche eingelaſſen und durch ſtachlige, die hintere dagegen durch weichere Strahlen geſhügt, die Afterfloſſe lezterer ähnlich geſtaltet, die gegabelte, 15ſtrahlige Schwanzfloſſe weit na< hinten beſhuppt, die Bauchfloſſe weit vorgerüdt, ſo daß ſie faſt unter die Bruſtfloſſe zu liegen kommt die vorherrſchende Färbung ein ſhönes mattes Karminrot. Der innere Bau iſt ſehr einfa, der Magen eigentlih nur eine Erweiterung der Speiſeröhre, der Darmſchlau<h mäßig lang, die Leber groß und in zwei ungleiche Lappen geteilt; den Pförtner umgeben viele Anhänge; eine Schwimmblaſe iſt niht vorhanden.

Die Seebarben, höchſt geſellige Fiſche, treten ſtets in zahlreichen Scharen, gewöhnlich in Schwärmen von mehreren Tauſenden auf, ſtreichen wenig umher, beſuchen aber im Hochſommer flache, ſandige Stellen der Küſte, oft in zahlloſer Menge, um hier zu laichen. JFhre Nahrung, die aus kleinen Kreb3- und Weichtieren ſowie aus verweſenden Stoffen des Tier- und Pſflanzenreiches zu beſtehen ſcheint, erwerben ſie ſi< dur<h Gründeln im

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