Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
Polystomum integerrimum. Endoparaſitiſhe Saugwürmer. 193
Waſſer gezogenen Jungen. Jm Freien dürften, nah Zellers Vermutung, 6—8 Wochen darüber vergehen „Das reife, zum Auskriechen fertige Tierchen“, berichtet Zeller, „habe ih für gewöhnlih ſo in dem Eie liegend gefunden, daß es mit ſeiner Schwanzſcheibe gegen das geſtielte Ende des Cies, mit ſeinem Kopfteil aber nah dem entgegengeſeßten Ende gekehrt iſt. An dieſem leßteren öffnet ſih das Ei mittels eines Deckels welcher aber nicht glatt abſpringt, ſondern einen unregelmäßig za>igen Rand beſitzt. Dex Deckel iſt klein, und das auskriehende Würmchen hat einige Schwierigkeit, ſich dur< die enge Öffnung herauszuwinden, ſo daß es hierbei öfter ſeine Eiſchale eine Stre>e weit hinter ſih herzieht.
„Das junge Würmchen, wie es das Ei verläßt (\. Abbildung S. 192, a, Larve von Polystomum integerrimum), iſt cin äußerſt lebhaftes, bewegliches Tierchen und ſ{<wimmt mit Hilfe ſeines Wimperbeſaßes luſtig im Waſſer umher, indem es dabei den Körper zuſammenzieht und wieder ſtre>t, zur Seite biegt und umwendet, öfters auh, den Kopf nah abwärts gekehrt, blißſchnell ſih dreht und geradezu überſchlägt. So tummeln ſih die Tierchen ſtundenlang munter umher.“ Von dem erwachſenen Tiere unterſcheidet ſih das junge vielfah: einmal ſhon dur< den vom Kopf längs der Seiten herablaufenden Wimperbeſaß, dann dur< den Mangel der Saugnäpfe auf der Scheibe. Die 16 feinen Häkchen, welche dieſe trägt, bleiben auh dem fertigen Tiere. Der Übergang zux paraſitiſchen Lebensweiſe ſcheint nux ganz ausnahmsweiſe dur< Einwanderung in ältere, 1—2jährige Fröſche zu geſchehen, wohl aber ganz regelmäßig in die Kaulquappen, wo die jungen Polyſtomen (überraſchend genug) ihren Sig in der Kiemenhöhle aufſchlagen. Hier werfen ſie das Zeichen ihrer bisherigen Jugend, das Wimperkleid, ab. Leider gelang es unſerem Gewährsmanne niht, zu erforſchen, auf welhem Wege die Schmaroßer aus der Kiemenhöhle in die Harnblaſe gelangen. Sie nehmen in dieſe Stufe ihres dunkeln Daſeins die vier Augen mit, welche dem frei lebenden Tiere ſicher von Nuten waren.
Wir treten nun in den Kreis der Zweimäuler, der eigentlichen ſogenannten endoparaſitiſhen Saugwürmer, die ſih, wie wir ſahen, von den vorhergehenden durch eine größere Einfachheit der Saug- und Haftapparate unterſcheiden. Sie ziehen unſere Aufmerkjamkeit in höherem Maße auf ſi, indem ſich unter ihnen wieder wichtige Schmarober der Haustiere und des Menſchen finden, und indem ihre Entwi>kelung und der Übergang der Jugendformen in den Zuſtand der Reife wiederum an eine ſolche Verkettung von auffallenden Ereigniſſen geknüpft iſt, deren Verfolgung zwar ſehr ſchwierig, deren Löſung aber lohnend und anregend iſt. Unter allen Eingeweidewürmern wurden dieſe ſih verwandelnden Trematoden am früheſten entlarvt, und ſie waren es in Gemeinſchaft mit einigen anderen niedrigen Tieren, welhe Steenſtrup auf die fruhtbare Jdee von der Fortpflanzung dur<h wechſelnde Generationen oder kurz die Theorie des Generationswehſels brachten.
Aus den Eiern der faſt immer zwitterigen Zweimäuler ſ{lüpft ein mit Wimperhaaren bede>ter, längli< birnenförmiger Embryo, welcher am breiteren vorderen Ende bisweilen einen x-förmigen Augenfle> trägt, Anlagen eines Waſſergefäßſyſtems, gelegentlih auh ſhon eine Sauggrube, Mund und Darm aufweiſt. Dieſer Embryo begibt ſi< nun, mittels ſeines Flimmerkleides munter ſ{hwimmend, auf die Suche nah einem kleinen Waſſertier, meiſt einer S<hne>e, in welche er eindringt, um ſi in ihr unter Verluſt ſeines WimperÉleides in einen ſogenannten „Keimſhlauh“ oder auh „Amme“ zu verwandeln. Dieſer Keimſchlauch iſt verſchieden beſchaffen. Entweder er hat eine walzenförmige Geſtalt, welche vorn in ein kegelförmiges Kopfende ſih zuſpißt, nah hinten ſi< allmählih ſchwanzartig verjüngt und hinterwärts der Körpermitte kurze ſeitliche Anhänge zeigt, dabei einen Mund
Brehm, Tierleben. 3. Auflage. X. S)