Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 611

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Scheibenſhwimmpolypen. Kriechqualle. Saugqualle. 555

und langſam auf langen Armen über ſein grünes Feld krieht. Beim erſten Verſuch, es abzulöſen, fällt es plump zu Boden; es iſt überhaupt unfähig zu {hwimmen. Nun, dieſes Tier iſt in jedem Punkte ſeines Baues eine Qualle, zwar verwandt einer ſchon längſt befannten Sippe (Eleutheria oder Cladonema), aber der eigentlichen Quallennaturx in einer Beziehung noh mehr entfremdet, indem jene wenigſtens abwechſelnd {{<hwimmt und kriecht. Unſere Kriechqualle (f. unten) hat ſe<s am Ende mit wahren Saugnäpfen verſehene Arme. Auf ihnen ſtelzt ſie einher, während von jedem Arme wie ein Leuchter ſi<h ein kürzerer Stiel erhebt, deſſen angeſhwollenes Ende mit Neſſelkapſeln geſpi>t iſt. Der ſehr dehnbare Shlund und Mund taſtet bald da, bald dort hervor und bewältigt mit Leichtigkeit die auf derſelben Weide ſih erluſtigenden Krebschen. Gleich oberhalb der Baſis eines jeden Armes liegt ein hufeiſenförmiger Augenfle>, in welchem ih eine gut ausgebildete Linſe fand, ohne jedo<h zu einem wirklihen Auge gehörige Nerven entde>en zu können.

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Y Krie qualke (Clayatella prolifera); a) vergrößert, b) in natürliher Größe.

Noch etwas höher befindet ſi< auf dem Abſchnitt zwiſchen je zwei Armen eine Knoſpe. Keins der vielen von mir im Mai unterſuchten Tiere von einer gewiſſen Größe war ohne ſeine fe<s Knoſpen, und dieſe in ſo verſchiedenen Stufen der Ausbildung, daß die allmähliche Entwi>elung immer klar vor Augen lag. An den reiferen Knoſpen war oft ſhon die Anlage abermaliger Knoſpung zu ſehen.

Dieſe Fortpflanzung dur< Knoſpen bei ausgebildeten Quallen wurde zwar bei verſchiedenen Sippen beobachtet, iſt aber der minder häufige Fall der Vermehrung. Regel iſt, daß alle Quallen auf geſhlehtli<hem Wege dur befruchtete Eier {ih fortpflanzen. Unſere Kriechqualle legt zu anderer FJahreszeit Eier.

Auch die Tiefſee birgt kriehende Quallen, ſo wenig man die Gegenwart von Quallen hier überhaupt vorausſegßen ſollte. Über die auf der Challenger-Reiſe geſammelten berichtet Hae>el: „Wenig Tierklaſſen ſcheinen zu einem Leben in der Tiefſee weniger geeignet als die Meduſen mit ihrem weichen, ſ{hleimigen, waſſerreihen Körper und ihrer Shwimmgewohnheit. Gleihwohl gibt es einige wenige Arten, die bis in große Tiefen hinabgehen.“

Eine der intereſſanteſten Quallenformen und wunderbar an ein Tiefſeeleben angepaßt iſt die Saugqualle (Pectis antartica) aus der eignen Familie der Peftiniden. „Die Pektiniden,“ ſagt Hae>el, „gehören zur Ordnung der Trachymeduſen und ſtehen den Trachynemiden nahe. Sie ſind beſonders merkwürdig dur ihre Saugtentakeln, die in großer Anzahl rundum am Rande des feſten, knorpeligen Schirmes ſtehen (in zuſammengezogenem Zuſtande ſehen wir ſie auf umſtehender Abbildung). Dieſe Tentakeln gleichen in hohem Grade den Ambulakralfüßchen der Echinodermen; ſie ſind in hohem Grade zuſammenziehbar