Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

das Charakteristische seiner (sc. Eckharts) Scintillalehre aus, daß er das Seelenfünklein loslöst von aller Kreatürlichkeit und jeder Subjektivität, daß er es vielmehr emporhebt in die mystische Ferne, in die ewige rein eidetisch geistige Sphäre, ohne es aber zu einem bloß begrifflichen Etwas herabsinken zu lassen, sondern seine höchste Realität immer wieder betont. Und dabei bleibt es doch jeder Seele wesensnotwendig verbunden gleichsam als ihre höhere, reinere Form, der Seelengrund, aus dem sie von Gott zwar bei ihrer Erschaffung herausgesetzt ist, zu dem ihr aber der Rückgang mit Gottes Gnadenhilfe jederzeit offen steht (p. 77). Insofern sie (die scintilla) so trotz ihrer unendlichen Erhabenheit über die Seelennatur doch wesensnotwendig in jeder Seele fortlebt, gleichwie z. B. die Gerectigkeit in dem gerechten Menschen, existiert sie in jedem einzelnen gleichewig, aber umhüllt von kreatürlihem Gewande“ (p. 76): und dann folgt ein Satz, der die völlige Verfehltheit der Problemstellung geradezu klassisch bezeichnet, in dem E&harts Theologie in Ontologie und ontologische Psychologie auseinandergebrochen wird: „Betrachtet man also das Seelenfünklein abstrakt gleichsam von Seiten Gottes, seinem ..Wesen“ gemäß, metaphysisch, so ist es die Gottheit selbst, das Einig-Eine, Ungeschaffene: betrachtet man es von Seiten des Menschen, so erscheint es als Gottebenbildlichkeit in den geschaffenen Seelen. verdeckt durch Kreatürlichkeit, aber nicht erloschen und tot“ (p. 76f). Demzufolge kommt Meerpohl auch zu einem Ergebnis, das den eigentlichen Kern von Echarts Theologie, nämlich die Totalität der Offenbarung und die Totalität der Gotteserkenntnis als Erlebnis des lebendigen Menschen und nicht als Leben nad dem Tode, einfach übersieht: „Für die wirkliche Erlangung des völligen Einsseins gilt dasselbe wie für die aktuale Gotteserkenntnis ... daß wir hier nur „teilsamikeit an gotlicher einunge“ (Pf. 582) erreichen. Das volle Ziel, die dauernde (!) Beseligung bleibt wohl dem Jenseits vorbehalten, weil auf Erden für den Menschen eine dauernde „Abscheidung“ nicht möglich ist“ (107).

Die unklaren Ausführungen über den Immanenzgedanken sind nur ein Zeichen der falschen Problemstellung. Selbst unter der Voraussetzung, daß die Unterscheidung von Kraft der Seele und in der Seele von Eckhart beabsichtigt wäre zur Beseitigung der erwähnten Schwierigkeit, würde das Problem gleichwohl damit nicht gelöst werden können, denn wie soll etwas Ungeschaffenes in einem Geschaffenen bestehen? Wie soll Gott in einer Kreatur bestehen können? Außer dem Sein gibt es nur das Nichts, und, so hörten wir Eckhart sagen: wenn das Sein nach

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