Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

er zeigt nur, wie selbst dieses Motiv, was auch an dem vom Licht in der Seele deutlih wurde (Pf. 60 u. Parad. 109f), einer Entwicklung unterliegt.

Ein solcher Entwicklungsfortschritt läßt sich auch aufzeigen bei einem Vergleich der Predigten Pf. 6 und 89, falls man annehmen darf, daß die Predigt Pf. 6 wirklich ursprünglich überliefert und nicht durch spätere Interpolation „korrigiert“ ist”). Es handelt sich in diesen Texten um die Frage der Gottesgeburt und zwar um die Stellung der Seele in diesem Prozeß. In der Predist 89 ist die Seele als Sohn in den innertrinitarischen Zirkel einbezogen (290,54 ff), welche Lehre wir in allen betrachteten Korrelationsformen als die für Eckhart eigentümliche erkannten. In Pf. 6: 57, 1ff dagegen ist nach scholastischer Weise die sehr bedeutsame Unterscheidung getroffen, daß die Seele zwar als „Idee“ (bild) in Gott dem Sohn Gottes gleich sei, aber sofern sie „ausleuchtet“, sih in der Welt der Kreaturen „objektiviert“, ihre totale Gleichheit mit dem Wort verliert, die sie freilich wiedererlangen kann — aus eigener Kraft: so nach der Textfassung von B 9 und Wie: „von gnäden des selben wortes“: so nach den übrigen Handscriften. Es zeigt sich hier gleichsam symptomatisc, wie die ontologisch-psychologische Problemstellung der Scholastik mit der Voraussetzung der Transcendenz beider Pole und ihrer analogen Immanenz ersetzt wird durch eine logische Fragestellung mit ihrer Auflösung durch den Begriff der korrelativhomogenen Immanenz des Ich in Gott und Gott in mir. Eine solche gedankliche Entwicklung kann nur angenommen werden, falls Predigt Pf. 6 nicht durch Interpolation „korrigiert“ ist, wofür die in n. 502 erwähnten Stellen einen gewissen Anhalt geben. Wenn man nämlich die bezüglichen Texte in Pf. 6 und Pf. 89 miteinander vergleicht, dann hat jene Vermutung zumindest einen Schein des Rechts für sich, da teils eine wörtliche Übereinstimmung vorliegt:

Pf. 89: 290,25: Der vater sprichet vernünftecliche in fruchtbe-

rikeit sin eigen nature alzemale in sime ewigen worte ..

z. 54: in disem worte sprichet der vater minen

und dinen undeinesieclichen menschen geist

glich dem selben worte. In dem selben spre-

chenne bistü und ich ein natürlich sun gotes

52) Die Einschränkung „von gnäden“ Pf, 37,7 fehlt z. B. in B9 und

Wie. Ebenso fehlt in Wie der wichtige einschränkende Zusatz

37,14: „nach der wise als der geist enpfenclih ist“, (Nach einer Mitteilung von Herrn Dr. Quint.)

Pf. ‚38.2: „von gnäden“ fehlt Bra5 und M2, dafür steht: „unde

gät.

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