Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

daz? Aber daz si in mir geschehe, dä lit ez allez an“ (Pf. 1: 3,6f)”°). Die ewige Gottesgeburt wird damit in die Seele hineinverlegt; sie geschieht im Wesen und Grunde der Seele, in der Vernunft”), weil die Vernunft über Zeit und Raum in Ewigkeit lebt’).

Die Gottesgeburt in der Seele ist das eigentliche Thema von Eckharts Predigten. Es muß gewissen Interpretationstendenzen gegenüber”) nachdrücklich betont werden, daß diese Gottesgeburt nicht aus Gnade geschieht, sondern daß sie die natürliche innertrinitarishe Geburt ist, und daß das Ich nicht Sohn aus Gnade, sondern der natürliche Sohn Gottes ist, selbst primogenitus und heres, nicht coheres aus Gnade. Nicht der Wille Gottes erwählt mich zum angenommenen Sohn. sondern seine Natur zwingt ihn dazu, mich als seinen natürlichen, wesensgleichen und gleichwürdigen eingeborenen Sohn hervorzubringen’®): „Der vater sprichet vernünftecliche in fruhtberikeit sin eigen nature alzemale in sime ewigen worte, niht von willen als ein getät des willen. Swaz da wirt gesprochen oder getän von gewalt des willen, inder selben gewaltmac erz ouch wolläzen,oberwil. Also enist ez niht umbe den vater und umbe sin &wie wort; mer er welle oder enwelle, er muoz diz wort sprechen unde geberen äne underläz: wan ez ist mit dem vater als ein wurzel in aller der nätüre des vater natürlich, alse der vater selber ist. Seht, har umbe sprichet der vater diz wort willecliche unde niht von willen, unde natürliche und niht von natüre ... In dem selben spredienne bistü und ich ein naturlich sun gotesals daz selbe wort...“ (Pf. 89: 290, 25 f).

Es verhält sich bei diesem Motiv wie bei den meisten andern. Die in manchen Texten noch bestehenden Bindungen an die Tradition sind im Gesamtsystem seiner Theologie nicht konstitutiv. Das ergibt sich daraus, daß eine deutlihe Entwiclungslinie von traditionsgebundenen zu ganz folgerichtig durchdadıten Formulierungen und Gedankenkreisen aufweisbar ist, ja daß man diesen Prozeß der Steigerung an gedanklicher Schärfe und

»5) cf. Pf. 85: 274,54: Waz hülfe mich, daz der vater sinen sun gebere, ich gebere in denne ouch? 5280) cf. Pf. 1:6,5ff.; 2:10,50ff.; 65:205,5f. 527) cf. III, 350, 6 f. 528) ef. Karrer, Das Göttliche in der Seele bei M. E.

522) Pf. 14:68,16: Daz bilde ... sin wesen äne mitel nemende ist boben dem willen.

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