Ereignisse und Operationen in Süd-Dalmatien (Crivoscie, Bocche di Cattaro) und in den angrenzenden occupirten Ländern. 1, Schilderung des Landes und Volkes und Vorgeschichte des Aufstandes : mit 2 Karten und 12 Abbildungen

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Straße iſt wohl kaum denkbar, wenn man annimmt, daß der Fall des Berges einen Neigungswinkel von mindeſtens 35—40 Grad aufweiſt. Dieſe Straße nun, welche ſih in 20 Windungen (Serpentinen) bis an die Grenzſheide von Montenegro hinaufſhlängelt, hört in etwa drei Viertel der Höhe auf, von dort führt dann ein ſteiniger, ſhier unwegſamer Fußweg, von grundloſen Riſſen und Spalten durchſchnitten, auf ein Hochplateau, wo ſih der erſte Grenzpoſten Montenegros befindet; hier hauſt nämlich in einer elenden, troglodytenartigen Hütte ein Serdar *) mit ſeiner Familie, der die Obliegenheit hat, die aus Cattaro fommenden Fremden zu invigiliren, reſpective ihre Päſſe zu unterſuchen und ihnen eine Begleitung zuzutheilen. Die benannte Strafe iſt des Tags über immerwährend belebt; Fußgänger und Saumthierreiter beiderlei Geſchlehtes, von Montenegro herabfommend und dahin zurü>fehrend, we<ſeln unabläſſig; die Weiber in der Regel zu Fuß, in ein leichtes Wollenhemd gekleidet, Opanken an den Füßen, im Gürtel Handſchar und Piſtolen führend, gleich den Vertretern des ſtarken Geſchlechtes. Die Weiblichkeit weiht hier der Rauhheit der Sitten und dennoch beſißen dieſe Naturgeſtalten viel moraliſches und Sittlichkeitsgefühl. — Es geſchah einmal im Jahre 1860, daß ein an der Porta Fiumera auf Wache ſtehender junger, unerfahrener Jägerunteroffizier, verblendet von den reizenden und dabei kernigen Formen der Büſte eines montenegriniſchen Weibes, es wagte, ſie im Vorübergehen zu betaſten; der Arme mußte dieſe Unvorſichtigkeit mit dem Leben büßen, denn der hinter ihr auf ſeinem Zelter herreitende Mann ſ{hoß den armen Jäger über den Haufen. Ehe noh die Wache alarmirt werden fonnte, war der Mörder des Soldaten verſchwunden; Niemand hat ihn je wieder geſehen. Aber auh ausgeliefert konnte er troß des Cartells mit Montenegro- niht werden, weil ex niht mehr in ſein“ Heim zurüfkehrte. Wahrſcheinlich hatte er ſeine Zuflucht in der Planina geſucht. — Ein andermal wurde cin Soldat der Beſatzung des Forts Trinità aus ebendemſelben Grunde von einem Crivoscianer Hirtenmädchen erſchoſſen. Dieſes, nicht zufrieden mit der Rache, welche ſie an dem Frehen genommen, 309g einen der Waſſerträger des Forts mit in das Geheimniß, und etwa ſe<s Tage darauf wurde die ganze Beſazung des Forts auf eiue grauenvolle Weiſe niedergemetelt, bis auf einen einzigen Manu, welcher ſi< in dem unterirdiſchen Pulvermagazin verſte>t und gerettet hatte.

*) Charge im Range eines Majors.