Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

B. Öſterreichs orientaliſche Politik. 101

ſeine Abſicht geweſen, zu „ſchre>en““. Der Triumph, den der Deutſche Bund dem Metternichſhen Syſteme bereitete, ſollte alſo in Ftalien feine Wiederholung finden. Troßdem gelang es der Wiener Regie=rung vortrefſlich, Öſterreichs Anſehen bei allen warmherzigen italieniſchen Patrioten zu vernichten und die Liebe für den Doppeladler zu ertöten. Unter dem Schuge der kaiſerlichen Truppen war die Reſtauration vollzogen worden ; überall, wo ſih das Volk rührte, wehte bald das ſhwarzgelbe Banner. So wurde der Haß von den italieniſchen Fürſten abgelenkt und auf Öſterreich gewaltſam gerichtet. Dieſe verfehlte Methode, dieſe vernunftloſe Anwendung eines falſchen Prin=zips, dieſes bornierte Feſthalten an der Urteilsloſigkeit hat ſih im Laufe der Fahrzehnte bitter gerächt. Blühende, reiche Provinzen mußten aufgegeben werden, niht zuleßt weil es Metternichs einſt von allen Oberflächlichen bewunderte Regierungskunſt nicht verſtan=den hatte, Öſterreich zum Horte des Guten, zum Schirmer der Frei=heit zu erheben.

B. Öſterreichs orientaliſhe Politik.

Zu verſchiedenen Zeiten wurde ganz anders über die Haltung geurteilt, die Öſterreich dem türkiſchen Reiche gegenüber einnehmen müſſe. Kauni war der Pforte in gleichem Maße übelgeſinnt wie Preußen; er bezeichnete ſie als einen ſ{<limmen und gefährlichen Feind der Monarchie. Joſef IT. gedachte Öſterreih nah dem Oſten hin bedeutend zu erweitern. Als er mit der Zarin den Krieg gegen das os3maniſche Reich vorbereitete, gab man in St. Petersburg der Hoffnung Ausdru>, Öſterreich werde bald in den Beſitz, Bosniens' und Serbiens gelangen und in Albanien bis ans Meer vorrücken !). Durch den Frieden von Siſtowa wurden jedoh im Jahre 1791 die glanzvollen Hoffnungen bitter durchkreuzt. Jn Wien mußte man auf jede Eroberung verzichten. Am Beginn des 19. Jahrhunderts änderte ſich die Auffaſſung. Man wollte niht mehr das türkiſche Reich vernichten, ſondern erhob deſſen ungeſhwächte Erhaltung zum leitenden Grundſagze.

Das mußte zuerſt das kleine Volk der Serben empfinden, das ſih im Fahre 1804 zu einem Auſfſtande gegen die Bedrü>kung durh die Pforte hinreißen ließ. Schon zu Joſefs Zeiten hatten Serben tapfer an der Seite der Öſterreicher gekämpft und erwartet, daß ſie von

1) Adolf Beer. Die orientaliſche Politik Öſterreichs ſeit 1774. Prag 1883,