Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

V. Stille Zeiten. 1253

Hofes, denn den Weſtmächten Frankreich und England ſollte ein kräftiger Bund der Oſtmächte Öſterreich, Preußen und Rußland gegenübergeſtellt werden. Graf Neſſelrode und der Öſterreicher Ficquelmont fuhren nah Berlin, um dort die Angelegenheit zu betreiben. Dem Vertrage über die Zukunſt der Türkei trat der preußiſche Hof zwar nicht förmlich bei, aber er billigte ihn ſehr lebhaft. Die Abmachungen über die polniſchen Beſißungen und die Umſturzbeſtrebungen der Polen wurden vom Könige Friedrich Wilhelm TIT. nicht nur gutgeheißen, ſondern in aller Form anerkannt. Dagegen verhielt ſich der alte preußiſche Monarch zur prinzipiellen Übereinkunft bezüglich der Einmiſchung weniger entgegenkommend, als ſeinem Schwiegerſohne, dem Zaren, und Metternich lieb geweſen wäre. Gegen den Grundſaß an ſich hatte man in Berlin freilich nichts einzuwenden. Doch dem Vertrage wohnte ein demonſtrativer Zwe> inne. Nikolaus und Metternich wünſchten nämlich, daß die Abmachungen über das Juterventionsreht den andern Staaten befanntgegeben werden mögen. Dazu aber verſtand ſi<h der König von Preußen nicht, der jede ſtarke Verſtimmung, jede Kriegsgefahr vermeiden wollte. Auch war man in Berlin mit dem Jnhalte der Note nicht einverſtanden, die den neuerlichen Beſchluß der drei Mächte in Paris anzeigen ſollte. Um der lieben Einmütigkeit willen mußten ſich Öſterreich und Rußland zur Nachgiebigkeit bequemen. Der Vertrag ſollte geheimgehalten werden und die diplomatiſchen Vertreter in Paris hätten höchſtens darauf hinweiſen dürfen, daß man in Wien, Berlin und St. Petersburg über das Recht der Einmiſchung einheitlich denke. Jndes, Graf Neſſelrode brach das Verſprechen der Verſchwiegenheit. Der Herzog von Broglie — der franzöſiſche Miniſter des Äußern — der auf die Unterſtüßung durch Palmerſton baute, antwortete darum kurz, daß Frankreich das von den drei Staaten in Anſpruch genommene Jnterventionsrecht nur bedingung3weiſe billige, für Belgien und die Schweiz jedoch überhaupt nicht dulde. Jm Miniſterrate, der hierauf in Paris ſtattfand, jete ſich König Ludwig Philipp für eine friedliche Politik ein"). Die Öffentlichkeit erfuhr von dem Vorgefallenen nichts, und der franzöſiſhe Chauvinismus fam de3halb niht in Wallung. Doch im Verkehre der Kabinette blieb geraume Zeit ein Mißklang zurü.

Im März des Jahres 1835 ſtarb Kaiſer Franz. Unmittel-

2 Ln [von Treitſchke. Deutſche Geſchichte im 19, Fahrhundert. 4. Teil. 4 fas TE