Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

YV. Stille Zeiten. 129

Öſterreicher mit der Wiener Regierung auf gutem Fuße lebte, geſtorben. Sein Nachfolger Pius IX., in den das italieniſche Volk überſ<wängliche Hoffnungen ſette, war ein ganz anderer Mann und ſo gar niht von jener Art, die dem Staatskanzler zuſagte. „Ein ſiberaler Papſt, dies hat uns noch gefehlt 1) !“, rief Metternich un=willig aus. Ein andermal ſchrieb er, daß ein liberaler Papſt ein geradezu unmögliches Weſen ſei. Wohl ließ der öſterreichiſ<he Miniſter nah Rom fürſorgliche Ratſchläge ergehen; er warnte vor Konzeſſionen, denn nur die Feſtigkeit bringe Segen. Pius TIX. war jedo<h anderer Meinung und er entwitelte ſih unbekümmert zum Reformpapſte, zum Erwe>er eines hoſfnungsvollen nationalen Lebens. Hinter ihm wollte Karl Albert, der König von Sardinien, niht zurückbleiben. Jn ſeiner Jugend von liberalen Jdeen erfüllt, hatte der Prinz ſpäter furchtbare Buße tun müſſen, um ſih den Weg zum Throne frei zu machen. Als König ſchwankte er eine Weile, näherte fih dann aber ſeinem Volke als freudig begrüßter Führer. Auch in Toskana wehte jezt ein anderer Wind. Tiefgreifende Neuerungen, die mit der Gewährung eines freien Preßgeſeßes begannen, wurden durchgeführt. Und dies alles troy der Beſhwörungen und Drohungen Metternichs, der zum erſten Male fühlen mußte, wie ohnmächtig er in Ftalien geworden war. Jm Auguſt 1847 richtete der öſterreichiſche Staatsfkanzler eine ſorgenvolle Note an die Großmächte, in der er vor den italieniſchen Einheits- und Unabhängigkeitsbeſtrebungen ängſtlih warnte. Noch einmal wiederholte er die hohle Phraſe, daß Jtalien lediglich ein geographiſcher Name ohne politi= ſchen Jnhalt ſei. Jn Paris ließ man ſich ängſtigen, denn Guizot war niht der Staatsmann, der einem Metternich widerſtehen konnte. Dagegen desavouierte Lord Palmerſton ſeinen öſterreichiſchen Kollegen, deſſen greiſenhafte Furcht ihn nur mitleidig ſtimmte. Durch einen beſonderen Abgeſandten ließ der engliſche Miniſter dem Könige von Sardinien Mut einflößen; man ſollte in den Reformen niht innehalten und der Vernunft des italieniſchen Volkes Vertrauen ſchenken.

Nicht weniger unzufrieden wie mit dem Geiſte und der Stimmung auf der Apenninenhalbinſel war Metternih mit den Ereigniſſen in der fleinen Schweiz, die ihn ſeit Fahren beſchäftigten. Abwechſ= lung8rei< verlief der Kampf zwiſchen den liberalen und klerikalen

1) J. A. Freiherr v. Helfert. Geſchichte der öſterreichiſchen Revolution. I. Band. Freiburg 1907. ANUG 374: Charmat, Öſterr. ausw. Politik. LT. 9