Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
und zu behalten weiß; mögen da die Rippen des Fahrzeuges noh ſo eifenfeſt ſein, es muß zuletzt doh -dem- Stuxme erliegen. - u BAD
Man war nun vielſeitig der feſten Ueberzeugung, es gehe das türkiſhe Reich, wenigſtens in Europa, ſeiner Auflöſung unvermeidlich entgegen, aber das Erwarten einer Kataſtrophe erwies ſich als ixrig, denn ein „Organismuús, wie der des Osmauiſchen Reiches, zerfällt niht im Handumdrehen. Die. Osmaulis gehören . eben zu. jenen Racen, welche zum Herrſchen geboren ſind und denen man nicht ſo leiht den Fuß auf den Nacken ſet. Mochten daher die Bataillone und Schwadronen von Serbien und Rumänien, von Montenegro und Griechenland noch ſo ſtattli<h aufmarſchiren, mochte man au< in Belgrad einen „ſerbiſchen Moltke“ den Plan zur Einnahine von Conſtantinopel ſ{<on in der Weſtentaſche herumtragen laſſen, dieſe Armeen werden es niemals ſein, die das Kreuz auf die Aja Sofia pflanzen; es ſind niht dieſe Generale, wel<e die Moslims in das Marmora-Meer werfen werden; die Furcht vor ihnen brauchte den türfiſchen Staatsgläubigern nicht den Schlaf zu rauben; denn — wenn auh an dem guten, oder wenn man will, böſen Willen der kleinen türkiſhen Vaſallenſtaaten niht im Mindeſten zu zweifeln geweſen, war doh die Kluft, welche das Wollen von dem Können trennte, ſelten ſo weit wie in dieſem Falle.
Man darf die Kriegstüchtigkeit der die Türkei bewohnenden “Slaven feineswegs- verkennen; es ſind namentlih die Serben -tapfer und, mehr als das, man verſtand es auch, eine ſerbiſ<e Armee zu ſchaffen, die unter Umſtänden ein Factor zu werden verſprah, mit dem man re<hnen mußte; Montenegro aber konnte nur bei der Vertheidigung ſeiner unwegſamen Schluchten, abex niht bei der Offenſive in Betracht kommen und Rumänien hatte bis jeßt, bei aller Mühe und bei ‘allen Opfern, die es - gebracht, no< nicht vermocht, für ſi< und ſein Heer eine Organiſation zu gewinnen, die der Pforte ernſthaft gefährlich erſcheinen könnte; Griechenland endli<h war und iſt militäriſ<h dem Nullpunkt ziemli< nahe. Mit, anderen Worten alſo — die türkiſhen Vaſallenſtaaten und Griechenland könnten der Pforte ſehr unangenehm werden, ſie waren es ihr je6t ſhon, abex bei einem offenen Conflict würden ſie der überlegenen Mannszucht und dex compacten Organiſation des türkiſchen “Heeres erlégen ſein. Das galt ſelbſtverſtändli<h nux in dem Falle, daß
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die ‘hier Genannten" à llein’ verſucht hätten, fih gegen. die Pforte zu erheben und niht Unterſtüßung einer: Großmacht fänden. Lebteres hat die Sache allerdings geändert; aber dieſer Fall war für jezt niht zu für<hten. Die Großmächte waren einmüthig entſhloſſen, es in der Türkei nicht zu einer Kataſtrophe, die einen Weltbrand entzünden fonnte, kommen zu laſſen. England wollte am liebſten den Status quo erhalten ſehen, Frankreich dachte niht daran, ſi< in Abenteuer einzulaſſen, die ſeine innere Regeneration hemmen mußten, und Ftalien dachte ebenſo.
Mit Oeſterreich ſtand. die Türkei auf gutem Fuße. Graf Zich y, der öſterreichiſh-ungariſche Botſchafter, wurde am 27. Septembér 1874 vom Sultan Abdul Aziz in Privataudienz empfangen, welche gegen anderthalb Stunden dauerte, Graf Zichy begann damit, daß er dem Sultan zu ſeinem am Vorabende ſtattgefundenen Geburtsfeſte und zur Geburt eines kaiſerl. Prinzen ſeine Glükwünſche darbrachte, welche der Großherr in huldvollſter Weiſe entgegennahm. Fn einem gelungenen Uebergange knüpfte ſodann Graf Zichy“ an die Abſchiedsaudienz vor ſeiner Abreiſe na< Wien an, indem er dem Sultan meldete, daß deſſen wohlwollendes Entgegenkommen bei der Frage der Regulirung des “ Eiſernen Thores den Kaiſer Franz Foſef außerordentlich erfreut hatte.
Der Sultan verſicherte hierauf, daß es ſein ſehnli<hſter Wunſch ſei, die freunduachbarlihen Beziehungen mit der öſterreihiſ<-ungariſ<enMonarhie ſtets gufre<t zu erhalten, und daß er, wie früher, \o au jéßt, von den freund ſ<haftli<hſten Sy mpathien für die Perſon des Kaiſers Frauz Joſef beſeelt ſei, Mit außerordentlihem Jutereſſe: erkundigte ſi<h fodann der Sultan um die öſterreichiſhen Nordpolfahrer, und Graf Zi y hatte Mühe, alle die zahlreichen an ihn geſtellten Fragen zu beantworten. Unter Anderem war der Großherr begierig, zu erfahren, womit ſi< die Nordpolfahrer während ihrer |“ ſe<sundneunzigtägigen Schlittenfahrt auf den endloſen Eisgefilden des Nordens genährt haben, und über die Antwort des Grafen Zichy, daß die Lebensmittel aus Conſerven beſtanden, mußte ‘vorerſt eine genaue Definition von Conſerven gegeben werden. Auf dieſes Thema kam der Sultan mehrere Male zurü> und er ſprah den Wuuſch aus, Graf Zichy möge ihm das über die Expedition erſcheinende Werk zukommen laſſen.