Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

ruſſiſhen Jnvaſion entſcheidende Angriffe auf Kars zu folgen hätten.“

Der türkiſ<he Marſchall war von allen ſen Vorgängen in rechtzeitiger Kenntniß; er erfuhr. no< in der Nacht vom 27. auf den 28. den in dieſer Naht erfolgten eiligen Abmarſch des Feindes in der Richtung gegen Kars; er trug ſofort ſeinem re<ten Flügel auf, dem Feinde auf dem Fuße zu folgen und in der Gegend auf ToprakKaleh an Terrain zu gewinnen, um die ruſſiſche Diviſion von der Rüczugslinie nah Kars abzudrängen. Fm Centrum gelangte die türkiſche

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Cavallerie an den Feind, welcher mit Zuhilfenahme der Nächte den eiligſten Rü>zug gegen Kars fortſeßte. Der Angriff hatte hiermit auf der ganzen Linie begonnen. Die Nachricht über die Vorgänge im türkiſchen Lager veranlaßte den Großfürſten Michael, die Belagerung von Kars aufzuheben und ſeine Truppen zwiſchen dieſer Stadt und Alexandropol zuſammen zu ziehen.

Der Sieg von Zewin bildete daher einen bedeutſamen Abſchnitt des Feldzuges in Aſien.

Der Zweikampf des ruſſiſ<en Dampſers „Veſta“ mit einem türkiſchen Banzerſchiffe.

Die ruſſiſhe Marine, die im Schwarzen Meere nur über ein ſehr beſchränktes eigenes Schiffsmaterial verfügt, übernahm na<h Ausbruch des Krieges von der „Odeſſaer Geſellſchaft für Schifffahrt und Handel“ eine Anzahl von Dampfern, die, zum größten Theile von ſehr geringen Dimenſionen, für den Dienſt in den Flußmündungen beſtimmt wurden ; einige davon jedo< wie „Argonaut“, „Conſtantin“, „Vladimir“, „Veſta“ find Schiffe von größeren Umfängen. Dieſe wurden dazu beſtimmt, im Vereine mit den wenigen vorhandenen Kriegsdampfern und Yachten den Recognoscirung8und Aviſodienſt zu verſehen, find daher nah Zuläſſigkeit ihrer Bauart armirt und von der Krieg8marine mit Bemannungen verſehen worden.

Die „Veſta“ iſt das zuleßt, im Funi 1877 angekaufte Schiff. Es iſt dies ein ziemli< alter Dampfer aus Eiſen (er wurde 1858 erbaut), von 1800 Tonnen Gehalt, mit Maſchinen von 130 Pferdekräften, die ihm unter günſtigen Umſtänden eine Geſchwindigkeit von 12 Knoten verleihen; die „Veſta“ wurde für ihre nunmehrige Beſtimmung in Nicolajew in aller Eile nothdürftig hergerichtet, ſie erhielt eine Beſtü>ung von 7 Stück Neunpfündern, 5 Stück ſe<8zölligen Mörſern und 2 Stück Mitrailleuſen, Torpedos und 2 Dampfbarcaſſen. Zum Commandanten wurde Capitän-Lieutenant M. M. Baranoff ernannt; derſelbe iſt als ein in jeder Richtung ſehr gebildeter Offizier bekannt; er bekleidete bis dahin die Stelle des Directors des Marine-Muſeums in St. Petersburg, wurde mehrfa< zu Miſſionen in's Ausland verwendet, war während der Weltausſtellung in Wien Arrangeur der ruſſiſchen Marine-Abtheilung und iſt der Erfinder des ſeinen Namen führenden Hinterladers, der in der ruſſiſchen Marine eingeführt iſt.

Zum Beginn des gegenwärtigen Krieges ver-

öffentlihte Bar anoff mehrere Aufſäße unter dem Titel: „Braucht Rußland eine Panzerflotte ?“ die ſeiner Zeit im ſeemänniſchen Publikum großes Aufſehen und eine lebhafte Erörterung erregten. Baranoff ſprach ſih entſchieden verneinend aus, ſein Schlußwort lautete: „Weg mit dem Küraß, er beengt die Bewegungen, ohne vor den Kugeln zu ſ{hüßen.“ Die „Véſta“ war ſein erſtes ſelbſtſtändiges Commando und ward ihm, wie aus dem Nachfolgenden zu erſehen, volle Gelegenheit geboten, für ſeine Behauptungen praktiſche Beweiſe beizubringen. Die „Veſta“ erhielt eine Bemannung von 117 Mann und 7 Offizieren, ſämmtli<h Freiwillige, das Maſchinenperſonal beſtand aus Leuten, die bei der DampfſchifffahrtsGeſellſchaft gedient hatten.

Anfangs Fuli unternahm die „Veſta“ im Verein mit den Dampfern „Argonaut“, „Conſtantin“ und der Yacht „Livadia“ eine Kreuzung, kehrte jedoeh na<h zwei Tagen, ohne auf den Feind geſtoßen zu ſein, nah Odeſſa zurü>.

Die „Veſta“ bereitete ſi< kurz darauf zu einer ſelbſtſtändigen Expedition vor, deren Ziel geheim gehalten wurde; wie ſpäter erſt erhellte, beabſihtigte der Commandant na< den DonauMündungen zu fahren, um auf die türkiſchen Transportſchiffe und Raddampf-Fregatten Fagd zu maen. Dieſe Abſicht wurde niht erreiht und ward es ihr beſchieden, auf einen ganz anderen Gegner als den voraus8geſeßten zu treffen.

Die „Veſta“ lief Sonntag, am 22. Juli, von Odeſſa aus. Am 23. Juli, 8 Uhr Früh, auf hoher See, beiläufig 35 Seemeilen von Küſtendſhe, bemerkte man am Bord der „Veſta“ in der Ferne gegen das Land zu dichte Rauchwolken ; nah einigen Minuten konnte auh bereits ein Schiſfskörper wahrgenommen werden. Die „Veſta“ nahm den Cours gegen das ihm, wie es ſcien, glei<falls entgegenkommende Schiff, wel<hes von

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