Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

geſtattet, Widdin zu verlaſſen. So fiel ein wichtiger Punkt um den andern den Ruſſen in die Hände, Plewna, Lowtſha, Selwi wurde von ihnen ohne Shwertſtreih genommen, Nikopolis au< von der Landſeite eng umſchloſſen. Da, als ſich die Ruſſen {hon anſchi>kten, ihre Koſaken bis zu den Gebirg8ſperren von Berk owce und des Hodſhu-Balkan zu ſenden, erhielt Osman Paſcha endli<h den lang erſehnten Marſchbefehl. Mit 25 Jnfanterie-Bataillonen, deren Stand er, bevor er Widdin verließ, auf 840 bis 870 Mann dur Einreihung von Freiwilligen brahte, mit 12 Schwadronen Reiterei und 48 Feld-, 6 Gebirg8geſchüßen, trat er ſeinen Marſch gegen Plewna an. Von den JnfanterieTruppen waren neun Bataillone Nizams, worunter drei Jäger-Bataillone, ſe<s Bataillone Redifs erſter, der Reſt Redifs zweiter und dritter Claſſe. An Jrregulären hatten ſi< ſeinem Zuge, in 15 Schwadronen gegliedert, etwa 12 bis 1300 Tſqcherkeſſen, gut bewaffnet und beritten, angeſchloſſen; au< hatte er aus den Gendarmen des Sandſchaks Widdin eine Elitetruppe von mehr denn tauſend Mann gebildet, welche zwei Escadronen und ein Bataillon von aht oder neun Compagnien formirten.

Unter O8 man commandirten die Generale, Haſſan, Adil, Ahmed, Omer und Ali. Stabs8chef war der feingebildete, geiſtvolle BrigadeGeneral Tahir Paſcha.

Am 18. Juli Nachmittags erreichten die Spißen ſeiner größtentheils aus Cavallerie beſtehenden, von Haſſan Paſcha commandirten Avantgarde, in zwei Colonnen marſchirend, die von Koſaken beſezte Discoritza-Karaula. Die Koſaken riſſen, als ſie der heranſprengenden Tſcherkeſſen gewahr wurden, ſofort ihre Pferde herum und eilten nah Plewna zurü>. Ju der ziemli<h maſſiven und vorzügli<h zur Vertheidigung geeigneten ſto>hohen, eirunden Karaule wurden ſe<s Pferde und eine Menge Waffen und ſonſtige Ausrüſtungsſtü>e erbeutet. Von hier aus unternahm zwei Stunden ſpäter Major Muſtafa Aga, ein Pole von Geburt, mit zwei Escadronen des 3. Donau-Cavallerie-Regiments und zweihundert Tſ\cherkeſſen, ferner zwei Geſhüßen der reitenden Batterie, eine ſcharfe Recognoscirung gegen das reizende Plewna, am Uſer des überaus tiefen und reißenden Vidfluſſes gelegen, wel<her Fluß hier von einer \hönen ſteinernen Brü>ke überwölbt iſt. Die Recognoscirung, wel<he von Muſtafa Aga mit brillanter Bravour und großer Uinſicht unternommen wurde, ergab, daß Plewna zwar nur von einem Fnfanterie-Bataillon und einigen Sotnien Koſaken beſet ſei, do< daß etwa zwei bis drei Meilen von Plewna entfernt längs der nah Siſtowo führenden Heerſtraße größere Truppenmaſſen lagerten, wie dies die zahlreichen,

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ain Ende des Horizontes ſihtbaren, von Lagerfeuern herrührenden Rauchſäulen anzeigten. Nitsdeſtoweniger befahl Os8man Paſcha, den Feind aus Plewna zu werfen.

Abends fiel dieſe Aufgabe den Reitern Muſtafa’s und einem Bataillone der Redifs von Rasgrad zu, wel? Leßtere, nachdem ſie mit den am re<ten Flußufer poſtirten Schüßen fi in ein viertelſtündiges Feuergefeht engagirt hatten, mit gefälltem Bajonnet vorgingen, die Brücke nahmen und nun in die Stadt eindrangen, wo ihnen wenig Widerſtand entgegengeſeßt und nur aus einigen Häuſern auf ſie geſhoſſen wurde. Die erbitterten Soldaten forſhten natürli<h na< den Thätern, es waren ſelbſtverſtändli<h Bulgaren, welche ohne viel Umſtände an den Thüren ihrer Häuſer ſofort aufgeknüpft wurden. Die Ruſſen zogen ih, von der Cavallerie verfolgt, in Unordnung nah dem etwa eine Viertelſtunde nordöſtlih der Stadt an dem Griwitßza-Bache gelegenen ſtattlihen maſſiven St. Neſtorkloſter zurü>, vor wel<hem ſi< ein ebenſo heftiger als intereſſanter Cavalleriekampf zwiſhen Koſaken und Tſcherke ſſen entſpann, in welhem trol der langen Lanzen der flinken Steppenſöhne dieſe von den wilden Kaukaſiern, welche gar arg mit ihren breiten geraden Schwertern wirthſchafteten, geworfen wurden und in regelloſer Flucht gegen Groißa eilten. Die ruſſiſ<he Fnfanterie ſcien niht übel Luſt zu haben, ſi< im Kloſter zu halten, do< ein paar Granatwürfe der an der Oſteinfaſſung der Stadt abgeprogtten reitenden Batterien belehrten ſie eines Beſſern und eiligſt, von Tſcherkeſſen umſhwärmt, effektuirte ſie ihren Rückzug.

Indeſſen war Osman Paſcha an der Spie ſeiner dur< die forcirten Märſche ganz und gar niht abgemüdeten Truppen in Plewna eingezogen, und von dem größten Theile der nicht aus Bulgaren beſtehenden Einwohnerſchaft freundlih empfangen worden; doh hielt er ſi< hier niht länger, wie gerade nothwendig war, um den Truppen einige Raſt zu gönnen auf, und bezog unweit des Swati Neſtorkloſters Nachtquartier. Die Vortruppen unter Haſſan Paſcha lagerten in und weſtli< von Groißa, welches die Ruſſen geräumt hatten. Den Flankenſhuß hbeſorgten je zwei Jnfauterie-Bataillone und eine Escadron, welche nördli<h und ſüdli< bis Verbißa und Radiſowo vorgeſchoben, vor Ueberfällen, beſonders von Lowtſcha aus zu ſhüßen hatten.

Etwa 1/z Kilometer öſtlih von dem Kloſter, auf dem halben Wege etwa nah Groißa, oder wie die Bulgaren den Ort nennen, Griwita, ließ Os8man Paſcha abgemeſſene Feldbefeſtigungen errihten, Schüßengräben ausheben, an einzelnen paſſenden Punkten Verhaue anlegen, ferner den größten Theil ſeiner Artillerie hinter {nell