Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

war na< den Ausfagen der Gefangenen vom ganzen 4. und 9. und Theilen des 11. Arineecorps in der Stärke von fünf Diviſionen, und zwar der 30., 31. und 32. ruſſiſhen und dex 4. rumäniſchen Armee-Diviſion beſet, während die 16. ruſſiſhe Diviſion längs der Osna als Reſerve bei Bulgareni ſtand, Kräfte, welche Osman Paſcha auf etwa 50.000 Mann ſhäßte, und welchen gegenüber er in der Defenſive wohl gewachſen, zum Angriff ſi< aber zu \<wah fühlte, umſomehr, als eine vorzügliche und zahlreihe Artillerie, unbeſtreitbar die beſte Waffe der Ruſſen, an wohlverſchanzten Poſitionen vortrefflih hingeſtellt war.

Nun aber zog Osman Paſcha nah und nah 28 Bataillone und 4000 Mann (lebtere größtentheils Frreguläre) albaniſche Cavallerie an ſih und hatte, nachdem dieſe Verſtärkungen am 21. in ſeinem Hauptquartiere zu Groibßa angelangt waren, au< die Genugthuung, vom Serdar den lang erſehnten Befehl zum Angriff gegen die ruſſiſ<hen Stellungen zu erhalten. Doch ſollte die Offenſive gegen die ruſſiſchen an die Osna ſi< anlehnenden Hauptpoſitionen dur< einen von Rifaat Paſcha gegen Selvi unternommenen Sheinangriff eingeleitet werden. Am 18. Auguſt bra<h Rifaat mit ſe<s Bataillonen, drei regulären, vier Tſcherfeſſen-E8cadronen, einer Feldbatterie und vier Gebirg8geſhüßen von ſeinem auf den KatrinaHöhen öſtlih von Lowtſ<ha gelegenen verſchanzten Lager gegen Selvi auf.

Die vorgeſchobenen ruſſiſhen Vedetten zogen ſih eilends an den Bach zurü.

Die Türken avancirten bis zum Bache, wurden aber dur<h das intenſive S<hnellfeuer der Ruſſen zum Rückzuge gezwungen, worauf ſie ihre Artillerie in's Gefe<t zogen und dieſe den Ort ſo heſtig beſchoſſen, daß die Ruſſen denſelben räumten, worauf die türkiſhe Fnfanterie den fleinen, aher tiefen Bah durhwatete, die feindlihen Tirailleure zurü> trieb und aus Brettern, Stangen, binnen kurzer Zeit eine ganz paſſable Nothbrü>e für die nahrü>enden Geſchüße ſ{<lug. Die Cavallerie und Tſcherkeſſen waren, dem Laufe des Krapcabahes folgend, bis zu deſſen Einfluß in die Ruſita gelangt. Kurz vor der Mündung erſt wechſelten ſie das Ufer, jagten eine dort poſtirte Escadron des 9. Don-Koſakenregiments, welcher ſie mehrere Gefangene ahnahmen, zurü> und erſchienen nördli<h G radiſte, d. i. an der re<ten Flanke der ruſſiſhen Poſition, im ſelben Augenblicke, als “ die Jnfanterie und Cavallerie von Rifaat’s Brigade vor der Front ſihtbar wurden.

Die Ruſſen hatten eine wahrhaft aus8gezeichnete Poſition vor Selvi inne, und während ſi ihr rehter Flügel an die tiefe und reißende Ruſita lehnte, welche einen ganz reſpectablen

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Flankenſhuß gab, ſtand ihr Centrum auf den wenig bewaldeten Gipfel des Alfaktar; der linke ſtark zurü>genommene Flügel lehnte ih auf den Wald von Rahowa. Mit ungeheuerer Schnelligkeit ſ{hritten indeß die Türken zum Angriff gegen dieſe Poſitionen, wel<he, von ihnen ebenbürtigen Streitkräften, nämli<h 5 JufanterieBataillonen und 8 Geſchützen, vertheidigt waren. Die Hälfte von Rifaat's Brigade löſte ſi< in einer ungeheueren, faſt eine Stunde lange Schüßzenlinie auf, hinter welher in geöffneten Colonnen der Reſt folgte; die Artillerie, vom Major Haſſan Effendi commandirt, ſette ſi ſofort in's Feuer gegen die vom Feinde beſetzten Höhen; die Gebirgsgeſhübe feuerten unermüdlich, ſo daß die Ruſſen, erſtaunt über den ke>en Angriff, die Kanonade dur einige Minuten unerwidert ließen, worauf die türkiſhe Feuerlinie ganz ruhig avancirte und ſomit einem Theile der Reſerven bereits am Fuße des Alfaktar, folgli<h dem ruſſiſchen Geſhüßfeuer niht mehr. ausgeſeßt war.

Nun, während die Kanonen des Gegners in blinder Wuth die gleihfalls in aufgelöſter Ordnung vorrü>enden drei Reſerve - Bataillone Rifaat's mit einem Hagel von Projectilen überſhütteten, dabei aber wenig Treffer erzielten, ſchoben ſi<h über den Hang der dichtbewalteten Vorkuppe die türkiſhen Schwarmlinien do< no< 1000 Meter vox, bevor ſie ihr Ziel im Kuppe des Alfaktar erreiht hatten. Dort wo die ruſſiſhen Batterien ſtanden, ſtießen ſie auf die ruſſiſchen Tirailleurs, welhe am Rande eines tief eingeſchnittenen Ravin (Hohlweg) gede>t lagen. Ohne ſi< lange zu beſinnen, gab Oberſt Aſſaf Bey das Signal zum Sturm. Die türfiſhe Plänklerkette {hob ſi< von beiden Seiten gegen die Mitte zuſammen, die Bajonnete flogen wie der Bli an die Läufe der Gewehre und mit gellendem Rufe eilten ſie troß des immer häufiger werdenden feindlihen Einzelfeuers die Schlucht hinab, brachen ſi< dur die breite, mit faſt undur<hdringli<hem Dickicht überwucherte Sohle, ſtiegen die jenſeitige Höhe hinan und verjagten die feindlihen Plänkler, welche ſih, auf die Haupttruppe fliehend, zurü>zogen.

Der ruſſiſhe General entſchloß ſfi< zum Rüd>zuge, in wel<hem Vorhaben er no<h mehr dadurch beſtärkt worden ſein mag, daß die türkiſche Reiterei und FJrregulären in ſeiner re<ten Flanke erſchienen, worauf die ruſſiſhen Bataillone ſi< fe<tend auf Selvi zurü>zogen und hierbei von den Türken wenig beläſtigt wurden. Os man Paſcha, der von dieſem Siege, welcher mit dem Verluſte von etwa hundert Mann nicht zu theuer erkauft worden war, ſofort telegraphiſh in Kenntniß geſeßt wurde, gab-Rifaat die Ordre, ſi< zwar in den errungenen Poſitionen zu verſhanzen und ſelbe möglichſt lange