Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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gegen feindliche Angriffe zu vertheidigen, fi aber no< bei Zeiten fe<tend zurü>zuziehen, wenn allzu überlegene ruſſiſhe Streitkräfte ihm nahen ſollten. Auf keinen Fall aber, fo lautete der ſtricte Befehl des Marſchalls, ſollte er ſi< auf ernſtlihe Operationen gegen das, nur eine deutſhe Meile öſtlih liegende Selvi einlaſſen, ſondern nur den Gegner dur tägliche Recognoscirungen beläſtigen und in Athem halten. Rifaat, ein eben ſo tüchtiger, als pflihttreuer Offizier, kam den Befehlen ſeines Vorgeſeßten genau nah.

Da ſi während der Zeit, in welher Rifaat ſeine Operationen um Selvi herum in Ausführung brachte, im Hauptquartier Osman Paſchas die größte Ruhe herrſchte, ſo mag man au< in jenem des Großfürſten Nikolaus geglaubt haben, daß der Muſchir ſi< mit dem größten Theile ſeines Heeres nah dem Alfaftar begeben, um in Perſon die Operationen gegen Selvi zu leiten. Deshalb wurde auh dieſer leßteren, angebli< bedrohten Stadt eine ausgiebige Unterſtüzung, gegen anderthalb Diviſionen von Gorni-Studen aus den neun Diviſionen zu Hilfe geſandt.

Am 31. Auguſt wurde die dritte Schlacht von Plewna geſchlagen. Desſelben Morgens um 8 Uhr maten die Türken einen wüthenden Angriff auf die ruſſiſhen Poſitionen, aus dem ſich eine der größten Sÿlachten dieſes Krieges entwidelte. Die Türken machten {on vor einiger Zeit eine oder zwei ſ{<ü<terne Recognoscirungen, wel<e dann von kleinen Cavallerie-Scharmüßeln gefolgt waren, ein bei den Türken ſonſt ſehr ungewöhnliches Begebniß. Während der Zeit, als der Angriff auf den Schipka-Paß unternommen wurde, maten ſie hier eine Demonſtration, welche die Ruſſen wahſam hielt, ſonſt aber fein weiteres Ergebniß hatte. Es ſien ganz gewiß zu ſein, daß die Türken hier niht angreifen wollten, ebenſo wie es ſiher war, daß die Ruſſen ſi< niht genügend vorbereitet fühlten, vor einigen Tagen, ja ſelbſt Wochen, die Offenſive zu ergreifen.

Als die Schlacht an jenem Morgen begann, war Federmann der Meinung, daß es ſi< blos um eine Drohbewegung handle. Große Haufen bulgariſcher Flüchtlinge, von denen viele vor dem Anmarſch der Türken in die Front der ruſſiſchen Truppen flohen, Andere aus dem Dorfe Pe liſhat ſelbſt kamen, bede>ten die Wege. Die ganze Bevölkerung hatte ihre Habſeligkeiten auf Karren geladen, auf welhen auh die Frauen und Kinder ſaßen, während die Männer die Heerden vor- und nebenher trieben. Auf der Ebene zwiſhen Poradim und Peliſchat, wel<he mit Mais und Wein rei< bepflanzt iſ, ſah man ſhon Ambulanzwagen init Verwundeten zurü>kehren. Genau zur Rechten von Peliſhat be-

fand ſi< eine ruſſiſhe Batterie, welhe Kartätſhen warf, die über den jenſeitigen Hügel flogen, und außer Sicht re<hts in der Richtung einer Nedoute explodirten, die ſi< in Front von Peliſhat befand. Dies war ein äußerſt beunruhigender Umſtand. Wenn die Ruſſen ihre eigene Redoute bombardirten, ſo fonnte dies nur entweder in Folge eines ſ<auderhaften Mißgriffs geſchehen oder aber darum, weil die Türken dieſelbe ſhon genommen hatten.

Die Shlacht hatte nun ein ſehr ernſtes Ausſehen anzunehmen begonnen. Sie wüthete ſhon länger als eine Stunde, während dieſer wurde die Redoute von den Türken genommen, dann von den Ruſſen wieder zurü>erobert, um dann abermals von den Türken genommen zu werden. Hierauf ſah man, wie dex in der Front liegende Hügel plößlih ſ{<warz wurde, wie wenn ſi< ein Streifen von Tinte längs des Horizonts hinziehen würde. Es war der Feind, welcher, na<hdem er die dahinter liegende Redoute genommen, ſi< nun zu einem Anſturm auf das ruſſiſ<he Centrum anſchi>te. Jn weniger als einer Minute ſchi>ten ſi< die Türken an, den Hügel re<ts herabzuſteigen, als wären ſie entſhloſſen, den linken ruſſiſchen Flügel aus Peliſchat zu vertreiben. Nun zog ſi die rehts des Dorfes befindlihe Batterie auf die Ebene etwa eine Viertelmeile zurü> und nahm dann wieder Stellung. Nach kurzer Zeit begannen die Türken wirklih den Hügel herabzuſteigen, aber ohne Ueberſtürzung, ſondern allgema< und ohne zu feuern, auh niht in Maſſen und Reihen, ſondern aufgelöſt und zerſtreut. Sie kamen auf dieſe Weiſe etwa eine halbe Meile vorwärts, während die ruſſiſche Artillerie die ſi< abwärts bewegenden Truppen in fürchterliher Weiſe beſ<oß.

Das ruſſiſhe Jnfanteriefeuer näherte ſich jeßt dem Hügel. Die Türken, welhe ſi< eben in Reihen formiren wollten, wurden dur dasſelbe arg mitgenommen. Der Vorſtoß ric<tete ſi< nun auf die linke Seite und auf die Verſhanzungen auf dem Hügelkamme am halben Wege zwiſchen Peliſhat und Sgalinze. Als die Türken in den kleinen Hohlweg hinabſtiegen, verlor man ſie für einen Augenbli> aus dem Geſihte, während die ruſſiſhen Verſchanzungen einen Kugelregen auf die vorſhhreitenden Türken ſhleuderten. Nach etwa 15 Minuten ſah man ſie zurü>weihen und ihre Verwundeten mit ſi nehmen. Sie ſchienen aber no< ni<t genug zu haben.

Ermuthigt dur< ihren Erfolg bei der Einnahme der Redoute und in dem Glauben, auch dieſe Linien nehmen zu können, hatten ſie ſi, hald nahdem ſie vor dem ruſſiſhen Feuer wichen, wieder formirt und ſtürmten abermals vorwärts. Nun begann ein fürhterliher Kampf.

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