Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

wohlverſhanzte Stellungen der Ruſſen ſtürmten, und der Kampf endigte troßdem mit einer vollſtändigen Niederlage der Ruſſen. Mehrere verſhanzte Poſitionen, eif Geſhüße, zwanzig Munitionswagen, 300 Gefangene, darunter ein Oberſt und drei Capitäne, fielen in die Hände der Türken. Alle Erfolge, welche die Ruſſen bisher in Europa errungen haben, wurden dur< Manöver und in Folge der ruſſiſchen Uebermacht erzielt. Ganz anders verhielt es fi< bei Elena, wo die Türken thatſächli<, Dank ihrer Tapferkeit und ihrer guten Führung, geſiegt. und Trophäen erobert haben.

Der Ausgang des Kampfes bei Elena mußte nun als eine unbeſtrittene Niederlage der ruſſiſchen Waffen angeſehen werden, und ſelbſt in ruſſiſhen Kreiſen gab man zu, - daß dieſe unglü>lihe Affaire bedeutend ſ{<hlimmer ausgefallen war, als es nach den erſten Nachrichten ſcien. Uebrigens war es damals troy der vorgerü>ten «Fahreszeit und des ſ{<le<ten Wetters längs der ganzen Front der ruſſiſhen Oſtarmee ſehr lebendig; do< handelte es ſi< immer no< um fleinere Gefechte, wel<he feines8wegs einen Ausſ<hlag gaben, wohl aber einen größeren Schlag bis zum leßten Augenbli>ke zu masfkiren beſtimmt waren. Das Gleiche galt von den Kämpfen ſüdlich und ſüdweſtli<h von Plewna, deren Ergebniſſe jedo<h dem weiteren Vordringen Mehemed Ali's und ſeinem Plane, Osman Paſcha den Durhbru< aus Plewna zu erleichtern, ni<hts weniger als förderli<h geweſen.

Das größte Verdienſt gebührte aber dabei dem Ferik Fuad Paſcha, der die ſiegreichen türfiſhen Truppen unter den Augen Sulle iman's commandirte.

Ferik Fuad Paſcha iſt der Sohn des türfiſhen Muſchirs Mehemed, welcher ſi< als einflußreihes Mitglied des Kriegsrathes eines beſonderen Anſehens erfreut. Fuad Paſcha wurde in der Militärſchule zu St. Cyr erzogen

930

zeit freundli< bewillfommt und gern mit ihnen verkehrt. Als Beiſpiel diene, daß Fuad einen

‘polniſchen Legionär, der ſi< bei Beginn des

Krieges wiederholt dur< ſeine Umſicht und perſönlihe Bravour auszeichnete, zum Offizier beförderte und zu ſeinem Adjutanten ernannte. Fm Monate Auguſt \{<loß ſi< dieſer brave Offizier freiwillig einer größeren Tſcherkeſſen-Abtheilung an, welche beauftragt wurde, in Erfahrung zu bringen, ob und mit welchen feindlihen Kräften ein vor der Front gelegener Ort beſet ſei. Die Patrouille wurde, vor dem Dorfe angelangt, von einem mörderiſhen Feuer empfangen und zur Umkehr veranlaßt. Nur der junge Lieutenant, der damals noh die Legions-Uniform trug, ſprengte dem Eingange des Ortes zu, durchritt denſelben, erreihte unglaublicherweiſe ohne Unfall den jenſeitigen Au8gang des Dorfes, woſelbſt er auf eine feindlihe Reſerve ſtieß, die aber in der Ueberraſchung zu ſpät von ihrer Waffe Gebrauch machte, und kehrte, wiewohl auf

“ bedeutenden Umwegen, unverſehrt in's Lager nach

und bei ſeiner Rückkehr na<h Conſtantinopel dem .

Generalſtabe zugetheilt, unmittelbar vor Ausbruh des ruſſiſh-türkiſhen Krieges wurde er in ſeinem 36. PLebensjahre zum Ferif oder Divifionsgeneral ernannt. Fuad Paſcha iſt ein auffallend hübſher Mann von mittlerer Größe, fräftigen, aber ſ<hlanken Wuchſes. Sein dunkles Kopfhaar iſt ſorgfältig gepflegt und niht kurz geſhnitten. — Zu Pferde gewinnt no< das gefällige elegante Aeußere Fuad's. Seine Toilette iſt jederzeit tadellos. Fuad ift thätig, im Dienſte ſtrenge ‘und ſehr ſorgſam für die Truppe, namentli< für deren Verpflegung. Fn Bezug auf militäriſ<he Bildung zählt Fuad zu den beſſeren Diviſions-Generalen, über welche die Türkei verfügt. Fm perſönlichen Verkehr entwickelt er eine außerordentliche Liebenswürdigkeit. Er hat eine Vorliebe für Fremde, die er auh jeder-

Rasgrad zurü>. Fuad Paſcha entſendete denſelben am folgenden Tage mit einem eigenhändigen Schreiben an den Armee-Commandanten, in wel<hem die außerordentlihe Verwendbarkeit jenes Offiziers hervorgehoben und derſelbe zu einer neuerlihen Beförderung beantragt wurde.

Der Ueberbringer des Briefes entledigte ih ſeiner Miſſion. Mehemed Ali, nachdem er das Schreiben Fua d’'s durchgeleſen, ſagte: „Fh ernenne Sie hiermit zum Hauptmann und würde mich freuen, Sie bald wieder befördern zu können.“

Während dieſes Feldzuges hatte Fuad Paſcha ſhon wiederholt Gelegenheit, ſeine militäriſhe Befähigung und ſonſtige Tüchtigkeit zu bethätigen. Vor und bei Beginn des Krieges formirte und commandirte derſelbe die aus ſieben Regimentern beſtehende Cavallerie-Diviſion. Als nah dem Donau-Uebergange der Ruſſen das Corps Achmed Ejub in der Richtung auf Biela marſchirte, folgte die Cavallerie-Diviſion dem Obſervationscorps. Hier kam es zu ſcharfen Auseinanderſeßungen zwiſ<hen Ahmed Ejub und Fuad. Fuad war dex Anſicht, vorzurü>ken und anzugreifen, Ahmed hingegen beſchloß und trat am, Morgen des 12. Juli den Rü>zug an. — Seit jener Zeit waren Fuad und Ahmed Ejub erbitterte Feinde.

Bei Kaceljewo am 5. September pflü>te ſi< Fuad die erſten Lorbeeren. Für die Verdienſte, welche ſi<h Fuad hier erworben, wurde demſelben vom Großherrn ein prachtvoller, mit Edelſteinen rei< belegter Ehrenſäbel zum Geſchenk gemacht.

Jn jüngſter Zeit wurde er zum Commandanten der bei Osman-Bazar vereinten türkiſchen Streitkräfte ernannt und erhielt als ſolcher den Auftrag, gegen Tirnowa zu operiren.