Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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und eine raſche Beendigung der Feindſeligkeiten wünſche.

Alsbald begannen die Verhandlungen über die Friedens-Präliminarien und den Waffenſtillſtand, und am nähſten Tage (31.) um ſe<s Uhr Abends wurden die beiden Actenſtü>e unterzeihnet.

Sofort erging an alle ruſſiſhen Truppentheile der Befehl, die Feindſeligkeiten einzuſtellen. General Skobeleff, der am weiteſten gegen Conſtantinopel vorgerü>t war, erhielt ihn no< am ſelben Abend. Die türkiſhen Bevollmächtigten wurden übrigens nur mit Mühe zur Unterzeihnung bewogen. N amyk Paſcha vergoß Thränen, als er unterſchrieb, und als der Großfürſt ihm verſicherte, daß Rußland und die Türkei künftig Freunde ſein würden und ihm die Hand reihte, drü>le ſie Namyk Paſcha lange ſ{<weigend.

Die höchſt wichtigen Actenſtü>e, welche den Präliminar-Frieden feſtſtellen ſollten, lauteten : -

Jm Hinbli> auf einen zwiſchen den kriegführenden ruſſiſchen und ottomaniſhen Armeen abzuſchließenden Waffenſtillſtand haben ſi< Jhre Excellenzen Server Paſcha, Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten der Hohen Pforte, und Nam yk Paſcha, Miniſter der Civilliſte Sr. Majeſtät des Sultans, ausgeſtattet mit unumſchränkten Vollmachten, in das Hauptquartier Sr. kaiſerlichen Hoheit des Großfürſten Nikolaus, Obercommandanten der ruſſiſchen Armee, begeben. Nachdem die von Sr. kaiſerlichen Hoheit dem Großfürſten im Namen Sr. Majeſtät des Kaiſers von Rußland vorgeſchlagenen Grundlagen von den ottomaniſchen Bevollmächtigten angenommen worden waren, wurden dieſelben nach einer gemeinſamen Uebereinſtimmung wie folgt feſtgeſetzt :

1. Bulgarien wird in den dur< die Majorität der bulgariſchen Bevölkerung beſtimmten Grenzen, die indeß kein geringeres Territorium umfaſſen dürfen, als ſie die Conſtantinopeler Conferenz bezeichnete, als auton omes tributpflichtiges Fürſtenthum mit einem national-<riſtli<hen Fürſten und einer eingeborenen Miliz conſtituirt. Die ottomaniſche Armee wird ſi<h in Bulgarien niht mehr aufhalten dürfen.

2. Die Unabhängigkeit Montenegros wird anerkannt. Eine Vergrößerung ſeines Territoriums, dem entſprechend, was das Waſffenglück in ſeine Hände gebracht hat, wird ihm geſichert. Die definitive Grenze wird nachträglich feſtgeſtellt werden.

3. Die Unabhängigkeit Rumäniens und Serbiens wird anerkannt. Dem erſteren wird eine genügende territoriale Entſchädigung und dem lebteren eine Grenzberichtigung zugeſichert.

4. Bosnien und die Herzegowina werden eine autonome Adminiſtration mit genügenden Garantien erhalten. Analoge Reformen werden in den anderen chriſtlichen Provinzen der europäiſchen Türkei eingeführt. 5. Die Hohe Pforte verpflichtet ſich, Rußland für die Koſten des Krieges und die Verluſte, welche es erlitten, zu entſchädigen. Die Art der Entſchädigung, ob ſie pecuniärer, territorialer oder anderer Natur ſei, wird nahträglich feſtgeſeßt werden. Se. Majeſtät der Sultan wird ſi< mit Sr. Majeſtät dem Kaiſer von Rußland verſtändigen, um die Rechte und Jntereſſen Rußſands in den Meerengen des Bosporus und der Dardanellen zu ſichern.

Zwiſchen den Bevollmächtigten beider Regierungen werden im Hauptquartier Sr. kaiſerlichen Hoheit des Großfürſten ſogleich Verhandlungen beginnen, um die Friedens-Präliminarien feſtzuſeßen. Sobald dieſe Friedensgrundlagen und die Waffenſtillſtands-Convention unterzei<hnet ſein werden, werden die Feindſeligkeiten zwiſchen den Kriegführenden, einſchließli<h Rumäniens, Serbiens und Montenegro's, für die ganze Dauer der Friedens-Verhandlungen eingeſtellt. Die Obercommandanten der beiden kriegführenden Armeen in Aſien werden ſoglei<h verſtändigt, um unter ſi< zum Abſchluſſe eines Waffenſtillſtandes ſchreiten zu können, der den militäriſhen Operationen ebenfalls ein Ende bereiten wird.

Die kaiſerli<h ottomaniſhe Regierung wird ihren Truppen den Befehl ertheilen, nah Unterzeichnung des Waffenſtillſtandes die Feſtungen Widdin, Ruſtſchuk und Siliſtria in Europa und jene von Erzerum in Aſien zu räumen. Außerdem werden die ruſſiſhen Truppen die Möglichkeit haben, während der Dauer der Verhandlungen gewiſſe in der Waffenſtillſtands-Convention näher bezeichnete Punkte auf dem Kriegstheater militäriſ<h zu beſetzen.

Zur Beglaubigung dieſes wurde das vorliegende Protocoll in zwei Exemplaren verfaßt und gezeichnet in Adrianopel am 19. (31.) Januar 1878.

(Gez.) Nikolaus. Server. Namyk.

Jn Folge Vorſchlages der Hohen Pforte und der von ihren Bevollmächtigten, Jhren Excellenzen Server Paſcha und Namyk Paſcha, ausgeſprochenen Einwilligung, die von Rußland behufs Abſchließung des Friedens zwiſchen den kriegführenden Theilen aufgeſtellten Grundlagen anzunehmen, hat ſi< der fkaiſerlih ruſſiſche Armee-Obercommandant bereit erklärt, die militäriſchen Operationen einzuſtellen.

Zum Abſchluß des Waffenſtillſtandes ſind in der Eigenſchaft als Bevollmächtigte bezeichnet worden: ſeitens Sr. faiſerlihen Hoheit des Obercommändanten : Se. Excellenz der General-Ädjutant Nepokojtſ<ißky, Generalſtabs-Chef der activen Armee, und ſein Adjunct, der Generalmajor à la suite Sr. Majeſtät des Kaiſers, Lewihzky, und ſeitens der Bevollmächtigten der Hohen Pforte: Se. Excellenz der Diviſions-General des Generalſtabes Nedjib Paſcha und der Brigade-General des Generalſtabs Osman Paſcha.

Dieſe Perſönlichkeiten haben ſi< kraft der ihnen verliehenen Vollmachten über folgende Bedingungen geeinigt :

1. Ein Waffenſtillſtand wird abgeſchloſſen zwiſchen den bewaffneten Streitkräften Rußlands, Serbiens und Rumäniens einerſeits und jenen der Türkei andererſeits für die ganze Dauer der Friedens-Unterhandlungen und bis zum günſtigen Ausgang derſelben oder deren Abbruch. Jn dieſem letzteren Falle, und bevor die Feindſeligkeiten wieder beginnen, wird jeder der fkriegführenden Theile verpflichtet ſein, den Waffenſtillſtand drei Tage vorher zu kündigen, mit der Bezeichnung des Tages und der Stunde, wann die Feindſeligkeiten wieder beginnen können. Die Friſt von drei Tagen wird von dem Momente an laufen, wo einer der reſpectiven Theile dem anderen an Ort und Stelle den diesfalls erhaltenen höheren Auftrag zur Kenntniß gebracht haben wird.

Die kaiſerlich ruſſiſche Regierung wird Montenegro vorſchlagen, die militäriſchen Operationen einzuſtellen und den zwiſchen Rußland und der Türkei vereinbarten Waſffenſtillſtands-Bedingungen beizutreten; die Hohe Pforte ihrerſeits wird die Operationen gegen Montenegro einſtellen.

2. Der Waffenſtillſtand wird von dem Augenbli>e an verbindliche Kraft haben, wo ſeine Bedingungen angenommen und unterzei<net ſein werden. Die Truppen des einen oder anderen Theiles, welche nah dieſem Zeitpunkte die unten bezeichnete Demarcations-Linie überſchritten hätten, werden ſih na< Rückerſtattung der bei dieſer Gelegenheit gemachten Beute rü>wärts zu begeben haben.