In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen

— 6% Is der fromme Herr das Podium. Hiermit it der Beweis geliefert, daß wir bei genauer Aufmerfjamfeit Lug und Trug von der Wahrheit wohl umterfcheiden fünnen. Zujammenfafjend heißt es über diejen wichtigen Blict bei Piderit: „Wer für gewöhnlich verziikt umd Ihmärmerifc) d.h. nad) oben umd in die Yerne blict, gibt dadurd) zu erfennen, daß feine Gedanken oft über die Alltäglichfeit hinaus in die Sphäre der Sdeale und der Slufionen jchweifen. ... Bei phantaftiihen Gefühlsmenjhen, religiöfen Schwärmern ac. wird dieje Art des Blidens zur Gewohnheit. Die Augen befommen dadurd ein eigentümliches phyjiognomijches Gepräge, indem zwilchen der Hornhaut und dem unteren Augenlide die weiße Haut des Auges mehr oder weniger fichtbar bleibt.“

Eine jhwächere Abart des entziickten Blidies ift der Blid in die yerne. Sehnjuchtsvoll hliden wir nicht nur empor, fondern aud in unendliche Fernen, in die Hellihimmernde Zukunft. Stehen die Sehadhjjen fajt parallel, hat das Antli einen durchgeiftigten Ausdrud, jo werden wir uns bei diefen Bli jelten täufchen. Er ift nicht jelten zielbewußten Männern eigen, die für ideale Ziele, für Weltanfhauungen ringen und fämpfen. Beethovens Jugendbildnis von Stielerzeigtdiejen Ausdrucd, markanter nod) Klingers Skulptur, die Beethoven darjtellt. Auf unjeren Bildern jehen wir ihn bei Goethe, Daniel Webjter, bei Moltfe, Quther und Bebel, wo überall unter der dunklen Hornhaut die weiße Haut erheblich zum Borjchein fommt. Wo ftarf hervortretende Augäpfel vorhanden find, Fan diefer Blid zu Verwechjjelungen Anlaß geben. — Zum entzüdten bildet der verfteckfe Blick fajt einen Gegenjat. Abb. ds. Hierbei ift der Kopf gejenft um teilnahmlos zu erjcheinen, denn das aufwärts gerichtete Auge verrät ein heimliches nterefje. m diefer Urt des Sehens liegt eine Verftedtheit, eine Nebenabficht, die als folche erfannt werden

Veritekter Blik