Orpheus : altgriechische Mysteriengesänge

Gottesdienst, zu dem sich immer weitere Landstriche zusammenfanden. Noch war allerdingsdem Griechen, der mit schlichter Frömmigkeit am Herde der Väter seine Götter ehrte, solches Treiben innerlich fremd. Gewaltsamer Ausdehnungsdrang war aber immer das Merkmal solcher Bewegungen; die enthusiastische Epidemie erfaßte Scharen vonMenschen,besondersdieWeiber ergriff mit instinktmäßiger Leidenschaftlichkeit der Begeisterungstaumel.Schwärme von rasenden, ekstatischen Gestalten tobendurchNachtundSternenglanz,durchBergund Tal, unter sich und in sich den Gott verspürend, dem sie im Paroxysmus der Ekstase sich gleich werden fühlen. Ihr Gott ist der Wilde, der Berauschende und Rasende, der mit seinem Stachel die Menschennatur erst recht zu ihrem wahren Selbst erhebt; Bakchos, Zagreus oder Bassareus sind seine Namen, die auf seine verschiedenen Wirkungsweisen hindeuten. AnderSchwelledesgeschichtlichenZeitaltersdringtdieSpringflut dionysischer Begeisterung in einzelnen und immer stärkeren Stößen aufdie sonnige Insel griechischen Geistes vor.Nicht ohne Widerstand fügt sich der Grieche dem ihm fremden, ja ganz entgegengesetzten Wesen. Verfolgung, Unterdrückung und Triumph wechseln, wie stets bei dem Vordringen eines unerhörten Neuen, das sich aber schließlich mit der Kraft des Fanatischen undUlnbedingten durchsetzt.ÜberThessalien und Böotien wälzt sich die Flut bis in den Peloponnes vor, überall Alteszerstörend oder mitneuemFeuer erfüllend und zuneuer Gestaltung zwingend. Die mystischen und ekstatischen Bewegungen unseres Mittelalters, gleicherweise von Weibern getragen und genährt, zeigen das ziemlich ähnliche Gegenbild einer stürmisch bewegten Zeit, in der das Wilde und Unbewußte die Schranken desHistorischen undBewußten zu überfluten suchte,

Der neue Gott paßte sich in den eroberten Gebieten gewisser-

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