Orpheus : altgriechische Mysteriengesänge

lichkeit waren sie jedoch wohl aus solchen heimischen undeingewanderten Elementen entstanden, die in der offiziellen Staatsreligion kein Genügen fanden. Ihre Anfänge, die etwa in das sechste vorchristliche Jahrhundert fallen, treffen geistig mit dem sich mehr und mehr durchsetzenden Bestreben zusammen, aus dem Dunkel des reinen Mythos heraus auftheosophischem Wege dem dunkel geahnten Urgrund der Dinge näherzukommen. Den Weg zur Philosophie hat dies dabei allerdings nicht erreicht. Es liefim allgemeinen parallelmit der Bestrebung der Pythagoreer, doch ist nur schwer zu sagen, ob eine wesentliche wechselseitige Beeinflussung stattgefunden. Der Kern des orphischen Wesens ist jedenfalls selbständig. Idee und letzte Tendenz des orphischen Weihedienstes finden ihren Ausdruck in der Sage von der Zerreißung des Dionysos durch die Titanen, die einen Teil der spekulativen Göttersage von der Entstehung der Welt bildet. Dionysos, auch mit dem Namen des Unterweltgottes Zagreus benannt, der Sohn des ZeusundderPersephone, empfängt in jugendlichem Älter von seinem Vater die Herrschaft über die Welt. Hera neidet ihm seine Stellung, sie hetzt die feindlichen Titanen gegen ihn auf. Diese können aus sichkeine Gewalt über ihn gewinnen, daher greifen sie zu einer List. Sie schenken ihm einen Spiegel; als er sich in diesem betrachtet, gewinnen sie Gewalt über ihn und zerreißen ihn. Zeuszerschmettertdie TitanenmitseinemBlitze und bildet aus ihren Resten das Menschengeschlecht, während er selbst das Herz des Dionysos verschlingt. Aus diesem entsteht der Semele und des Zeus Sohn, der neue Dionysos, der dann der eigentliche Mittler zu werden berufen ist. Als sterbliche Nachkommen der Titanen haben so alle Menschen einen Teil des alten Dionysos in sich; es erwächst ihnen daraus die Aufgabe ihres Erdendaseins, diesen göttlichen Funken zu wecken und zum Siege über den materiellen Titanenbestandteil zu führen. Von bezeichnender symbolischer Bedeutung ist

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