Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur
Die Zauberpapyri. Hermes-Gebet I. 15
zu erwähnen sind dann eine Anzahl Einwirkungen der hellenistischen Astrologie; aber sie hat sich ja in Ägypten ausgebildet und ist in die spätägyptische Religion übergegangen. Sonst begegnet — von bloßen Namen abgesehen — an größeren Stücken nur das zuerst von Anz erkannte Mithrasmysterium, das ja selbst schon stark ägyptisiert ist; außer ihm höchstens vereinzelte und unsichere Spuren orientalischer Einflüsse. Wir lernen aus diesen Papyri, wie die ägyptische Religion sich hauptsächlich unter griechischem Einfluß ausgestaltet hat. So glaubte ich in der Wiedergabe dieser schwer zugänglichen Texte etwas breiter werden zu sollen; die heidnischen Gebete, die uns ein günstiger Zufall in ihnen erhalten hat, scheinen mir wichtiger als so mancher unbedeutende Schriftstellertext, und all die Götter, an welche sie sich wenden, werden uns in der theologischen Literatur wieder begegnen; es sind nicht Schemen, sondern wirkliche, göttliche Persönlichkeiten. Ich beginne natürlich mit Hermes.
I. Ein interessantes Gebet des Papyrus Leidensis W lautet'): Acüpd uoı 6 Ek TWV TEccApwv Aveuwv, 6 TTAVTOKPATWP, 6 Eupucncac mveüua Avapwmoıc eic Zwnv, (2) o0 Ecriv TO Kpuntöov Övoua xal äppntov Ev AvApwmoıc, 6 uavreı AuAnonvar ol duvaraı, OD Kai Oi duiuovec dKolovTec TO Övona nroWvraı. (3) 00 Ö NAıoc kai (> ceAnvn Öpdoruoi eicıv dkanatoı Audumovrec Ev Taic Köpaıc TWv Avdpuırwv.”) von dem religiösen Synkretismus, der sich in diesen Papyri äußere, übertrieben finden. — Eine treffliche Beschreibung des damaligen Treibens der Magier bietet Apostelgesch. 8, 18—20: Simon, der Magier, will dem Petrus die Formel und damit die &£oucia abkaufen. — Für die Beurteilung der eigentlichen Gebete darf man den Grundsatz aufstellen, daß Einwirkungen der Septuaginta auch außerhalb der eigentlichen Formeln durchaus möglich sind, Einwirkungen der neutestamentlichen Schriften ausgeschlossen.
1) Leemans Pap. graec. Lugd. I 141, 14ff. Dieterich, Abraxas 195, 4 ff. Die magischen Worte habe ich weggelassen, kleine Verschreibungen nicht erwähnt. Berichtigungen zu der ersten Hälfte gibt Pap. Lugd. V, Leemans ebenda 27, 27ff. Dieterich, Jahrbücher f. Phil. Suppl. XVI 808.
2) Plutarch De Is. et Os. 52: hc ol uövov rrv ceAnvnv dAAü Kal töv MALOvV duua ToD "Qpou kal pic ryobuevor. Es ist dies die gewöhnliche, unendlich oft begegnende Anschauung; doch treten auch Amon und andere Götter für Horus ein, vgl. Sethe, Berl. philol. Wochenschrift 1896 Sp. 1529, Moret, Annales du Musee Gwimet T. XIV p. 129. Da der Mensch der xöcuoc im kleinen ist, leuchten die Augen des Horus auch in ihm. Hinzu tritt vielleicht eine Vorstellung, daß das Sehen der Menschen auf den göttlichen Noüc zurückgeht (Poim. 8 6). j