Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

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Zosimos. Ursprung der Buchstabenmystik. Grundanschauung. 269

rakter; er teilt seine Mönche nach ihren Anlagen und Eigenschaften in vierundzwanzig Gruppen, die jede nach einem Buchstaben heißen. Auch hier ist die Grundanschauung, daß eine Anzahl bestimmter göttlicher Wesen in ihrer Gesamtheit den Allgott ausmachen, seine croıyeia sind.!) —

Die Buchstabenmystik gehört, soweit wir irgend sehen können, dem Orient an?); für Ägypten ist sie immerhin am leichtesten erklärlich. Das Hieroglyphenzeichen hatte hier später an sich schon mystische Bedeutung; es war das Gotteswort”); die Zusammenstellung von sogenannten Deutzeichen und Lautzeichen begünstigte das. Hier finden wir ferner Schriftzeichen und Laut begrifflich noch so wenig getrennt, daß hieroglyphische und hieratische Schrift verschiedene Sprachen sind (oben 8.56 A.1)*), hier endlich die Grundanschauung von der Übereinstimmung des Lautes (Wortes) und Dinges in der Schöpfungssage. Die von Ägypten aus sich verbreitende astrologische Religion scheint diese Anschauungen in die hellenistische Welt eingeführt zu haben. —

Es wird gut sein, ehe wir weitergehen, uns die Vorstellungen noch einmal zu vergegenwärtigen, welche sich hier miteinander verbinden. Die Buchstabenmystik, die ja nur eine Einzelheit in der astrologischen Ausgestaltung bedeutet, lasse ich dabei zunächst beiseite. Sie wird uns später wieder beschäftigen. Als Kern der Vorstellung bleibt, daß der Sonnengott oder Mondgott einerseits Schöpfungsgott, andrerseits der Himmelsraum, endlich Zeitgott ist; verschiedene Untergötter oder Erscheinungsformen bilden in steter Wiederkehr immer aufs neue den Einen, sich ewig Gleichen und damit die immer sich erneuende Schöpfung und Welt. Wir wüßten gern, ob die hellenistische Mystik für dies wunderliche Wesen, das sich ja verschiedenen Volksgöttern anpassen konnte, eine bestimmte, gewissermaßen

1) Das Alter dieser Anschauung ist nicht ganz zu bestimmen; immerhin würde nichts dagegen sprechen anzunehmen, daß schon Varro zwanzig dii selecti in dem System seiner naturalis theologia annahm, weil zu der Zeit, als er sie schrieb, allgemein zwanzig Buchstaben oder elementa der lateinischen Sprache angenommen wurden,

2) Von dem Gegenteil hat mich auch Dieterich (Rhein. Mus. 56, 77) nicht zu überzeugen vermocht, Auf Einzelheiten gehe ich nicht ein, da dies hoffentlieh von anderer Seite geschieht,

3) Vgl. die Inschrift von London oben $. 63 u. 64. 4) Auch für Pachomius verbindet sich mit dem mystischen Alphabet die mystische Sprache,