Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

288 Beigabe II. Buchstabenmystik und Aionenlehre.

Planetengebete, die Schrift Salomos an seinen Sohn Rehabeam, die Aufzählungen der Tage des Mondes und ähnliche unbeachtete Apokrypha, die genau den heidnischen Zaubervorschriften entsprechen und uns zeigen, daß man wie für jede Kulthandlung und jedes Gebet, so auch für alles praktische Beginnen die Herrschaft eines bestimmten Sterns und Engels, also einen bestimmten Zeitpunkt abwarten zu müssen glaubte. Aber auch dies genügt zur Erklärung schwerlich. Wir müssen uns erinnern, daß der Grund hierfür ja nur ist, daß Planeten, Tierkreiszeichen u. s. w. als wirkliche Götter oder Engel empfunden werden und sich mit Nuepa, unv, Eviauröc bestimmte religiöse Vorstellungen verbinden, die ich oben zu erläutern mich mühte. So wird unvermerkt aus dem einfachen mapampeicde fast ein ceßecde!): das ist die Knechtschaft. —

Hieraus folgt m. E. zunächst, daß es durchaus verfehlt wäre, aus der Zahl der Aionen oder Archonten in den gnostischen Systemen chronologische Schlüsse zu ziehen. Ob ein System deren zwölf oder dreißig oder dreihundertfünfundsechzig annimmt, ist gleichgiltig, da die zu Grunde liegenden Vorstellungen im Heidentum wie Judentum beträchtlich über die Zeit des Paulus hinaufreichen.

Es folgt aber, wenn wir nun endlich auf die Buchstabenmystik zurückschauen, noch ein Weiteres. Nicht nur der ägyptische Zauber kennt einen Gottesnamen von sieben, von neun, von vierzehn oder fünfzehn, von vierundzwanzig, von dreißig und sechsunddreißig Buchstaben u. s. w., sondern auch die jüdische Mystik schwelgt in derartigen Zahlenspielen. Es wird, wenn wir bisher den innigsten Zusammenhang zwischen beiden gefunden haben, unmöglich sein, für die gleiche Erscheinung im Judentum eine andere Erklärung zu suchen. Es ist ein Stück jenes jüdischen Gnostizismus und mit ihm im wesentlichen aus dem hellenistischen übernommen. —

Als die Buchstabenmystik, deren Ausbildung erst im Hellenis-

1) Für die xaıpoi darf ich mich darauf berufen, daß im späteren Judentum Michael und Gabriel die Engel des Winters und Sommers sind (vgl. S. 280 A.4), und daß schon im Buche Henoch, wie Dr. Burkhardt in Magdeburg mir zeigte, die Tagesengel nach dieser Scheidung der beiden Jahreszeiten geteilt sind. Es ist lehrreich, wie stark noch Valentinus (bei Irenaeus I 1, 3) die Verbindung der Begriffe &viauröc und pa mit dem Aionbegrifl: empfindet. Daß in diesen Kreisen auch das Wort alwv für &vıaursc gebraucht wird, zeigte die Naassenerpredigt S. 86 A. 1.

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