Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

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Aionensysteme. Buchstabenkategorien. 289

mus möglich war, von ihrer eigentlichen astrologischen und theologischen Begründung unabhängig geworden war, mußten sich die rein grammatischen Kategorien auch auf sie ausdehnen. Die Vokale hatten unter der Einwirkung des Neupythagoreismus und der Lehre von der Harmonie der Sphären schon im zweiten Jahrhundert v. Chr. eine besondere Stellung eingenommen; es folgte, daß die Scheidung der Konsonanten in Mutae und Semivocales religiös verwertet wurde. Wir finden dies bei Markos, welcher die neun Mutae dem natrp und der aAndeıa, die acht nuipwva dem AöYyoc und der Zwn, die sieben Vokale dem ävepwroc und der exkAnci« zuschreibt.‘) Wieder folgte das Judentum mit einer ähnlichen Dreiteilung nach, die sich freilich geschiekter an die kosmische Bedeutung dieser croıyeia anschmiegte. Das System bietet das an sich erheblich spätere Buch Sefer Jezirah, dem ich nach Karppe (Origines du Zohar 139) folgende Auszüge entnehme: Par 32 voiz mysterieuses de Sagesse, Yah Yehovah Zebaoth

. a trace et cred son monde en trois livres, le livre proprement dit, le nombre et la parole. Dix Sefiroth sans rien et 22 lettres, dont trois lettres fondamentales, sept lettres doubles et douze lettres simples. Die zehn Sefiroth, an Zahl den Fingern und den zehn Grundzahlen entsprechend, scheiden für unsere Betrachtung aus. Es bleiben die zweiundzwanzig Buchstaben, die, wie wir es erwarten mußten, zunächst als croıyeio, als Urstoffe, aber auch als Teile des Himmelsraumes und der Schöpfung erscheinen: Vingt-deux lettres fondamentales; il les a tracees, taillces, multipliees (combinces), pesees, interverties et il en a formed toutes les erdatures et tout ce qui est a ereer dans Vavenir. — — Vingt-deux

1) Irenaeus 114,5. Sie sind ihm dabei dmöppoıucn eikovikal der drei duvdueic, also wirklich göttliche Wesen. Die gesamte Anschauung ist rein ägyptisch. Die Schöpfung vollzieht sich durch das Wort, oder vielmehr sie ist das Wort. ‘Welt und Mensch bestehen aus lautlichen croıyeia; der fixoc der sieben Vokale (der Name des Weltschöpfers Thot, dh. er selbst) steigt zur Erde nieder und vollzieht die diaköcuncıc; aus der Eins wird die Zwei, aus der Zwei die Vier, wie in der altägyptischen Inschrift über die ’Oydodc (oben S. 54). Sehr deutlieh tritt die Grundanschauung noch in den Zauberformeln zu Tage, die Nestorios auf Grund göttlicher Offenbarung zusammenstellte und die sich zunächst nur in seiner Familie vererbten (vgl. Proklos Zur Republik II 64 Kroll, Zeller, Philos. d. Griechen III? 2 S. 808). Die Buchstabenreihen sind Gebetsformeln, d. h. sie geben die Namen der Götter oder den im Einzelfalle anzurufenden Namen des Gottes; die Vokale bedeuten die Planeten, die Konsonanten die Tierkreiszeichen. Näheres wissen wir nicht.

Reitzenstein, Poimandres, 19