Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Von Theodox Winkler. 201
Sonntag mußte der Vorſteher des Kabinets vor dem König erſcheinen, um ihm die Auszüge mitzutheilen, die er aus den erbrochenen Korreſpondenzen gema<ht hatte, worüber der ſo häufig ſich langweilende Monarch ſich waidli< zu ergößen pſlegte.
Als Ludwig XL, an die Regierung kam, wollte er dem Skandale ein Ende machen und das „Cabinet noir“ aufheben. Jn einem Dekrete vom 18. Auguſt 1775 erz fſärte ex ausdrüdlih „die geheime Korreſpondenz der Bürger für ein Heiligthum, das ſi< den Bli>en der Gerichte wie der Privatperſonen entziehen müſſe“. Doch das bibliſche Wort: „Dex Geiſt iſt willig, aber das Fleiſch iſt <wac<,“ bewährte ſich an ihm nux allzuſehr. Seine Räthe wußten ihn bald zu überreden, daß ſi< die Wahrung des Brief= geheimniſſes mit der Staatsflugheit niht in Einklang bringen lafſe, daß der Thron zu ſeiner Sicherheit des Ein= blides in die Urtheile und Anſichten der Unterthanen drin= gend bedürfe. Und ſo fam die Sache wieder in den gez wohnten Gang, und dex König verſchmähte es ſogar niht, zur Aufre<hthaltung derſelben jährlih 300,000 Livres ausz zugeben.
Als dann die Revolution mit ihrem Umſturz aller Berhältniſſe hereinbrach, ſchien es wieder, als ſollte das ſchwarze Kabinet einer der erſten Mißſtände ſein, welche gründlich auêgemerzt würden; allein es ſchien nur fo. - Jn den Schriftſtücken, welche die Wähler ihren Repräſen= tanten für die Generalſtände 1789 mitgaben, fanden ſich die na<hdrü>li<ſten Beſchwerden über die Verlezung des Poſtgeheimniſſes und die Forderung, daß die Beamten,