Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.
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„Habe ih Jhnen etwas zu verzeihen?“ fragte ſie, ihn mit einem ſüßen, verführeriſchen Lächeln, mit einem faſt bittenden Blik anſchauend.
„Ja, gnädige Frau, ih bedarf Jhrer Verzeihung,“ ex= wiederte er ruhig, ernſt, ihr Lächeln bezauberte ihn nicht mehr, ihr liebevoll bittender Bli bewegte ihn niht. „JG habe ſchwer gegen Sie gefrevelt, als i<h mi<, wenn au< nur für einen Augenbli>, hinreißen ließ, die Achtung zu vergeſſen, welche ih der Gattin meines Freundes ſ{ulde. Geſtatten Sie mir, daß ih Jhnen in voller Wahrhaftig= feit, wenn auch keine Entſchuldigung, doch eine Erklärung dafür gebe, daß ih mi< von der Leidenſchaft, von dem überwältigenden Einfluß des Augenbli>s hinreißen ließ —“
„Jh bedarf keinex Entſchuldigung, “ erwiederte Bertha, „i zürne Jhnen ja nicht. Wie könnte es mich beleidigen, daß die Allgewalt der Liebe —“
„Sie täuſchen ſih, gnädige Frau,“ erwiederte Egon, Bertha unterxbrechend, „ſelbſt dieſe ſ<wache Entſchuldigung ſteht mix niht zur Seite. J< habe einſt geglaubt, Sie zu lieben, aber ‘ich habe mich ſelbſt getäuſcht. Die ver= zehrende Leidenſchaft, welche dur<h Jhre bezaubernde Schönz heit in mix erwe>t worden iſt, die auh bei unſerer leßten Zuſammenkunft mi< für einen Augenbli> überwältigte, mix die Selbſtbeherrſ<hung raubte, dieſe unſelige Leiden= ſchaft, die mix die ſchwerſten Seelenkämpfe bereitet, mir die ſchönſte Zeit meines Lebens getrübt, mi<h lange namen=los unglü>lich gemacht hat, war feine Liebe. Das Herz wax bei ihr unbetheiligt, nux die wilden Sinne be=
Herrſchte ſie.“