Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.
Hiſtoriſcher Roman von L. Haidheim. 69
rief jedoch gleichzeitig, dev Dieter Habe es geſagt; ein Dritter behauptete: Nicht der Dieter, ſondern dev Lude. Und Lude wurde ganz wüthend und verwahrte ſih gegen die Beſchuldigung, indem er der Grete zurief, ſie habe es ihm geſagt und hinzugefügt, der Dieter habe es ihr erzählt. Grete aber leugnete und verſhwor ſich, die Bärbel ſei es, welche immer alles Neue zuerſt wiſſe, da ſie die Stuben der Jungfer Urſula in Ordnung halten müſſe, bei der Ur= ſula ſiße das Fräulein aber oft Stunden lang und dex Herr Burkard gehe auh hie und da zu ihr, wenn ſie auh juſt uicht ſagen könne, daß ſie die Beiden jemals dort zuſammen geſehen. Und weil nun die Beklagte in heftiger Angſt vor der Urſula geheimen Zauberkünſten zu weinen anfing und ihre Unſchuld heftig betheuerte, fo gab es einen Streit, den, als er immer ſauter wurde, abermals des Keller= meiſters gewichtige Fauſt zum Schweigen bringen mußte.
„Was iſt's denn, daß Jhr Euch auf einmal ſo un=\<uldig anſtellt, dummes Volk!“ rief er gebieteriſch. „ſt uns denn nicht beim Wein auch einmal ein freies Wörtlein erlaubt, wenn uns keiner der Herren hört ? Schlimm genug, daß man nicht laut ſagen darf, was man meint, aber daß man auch einmal ſeine Meinung hat, das foll 18 doch Keiner verwehren. Jedem, was Recht iſt , Gez horſam ziemt uns, aber blind und taub können wir uns nicht mahen. Wahr iſs, mag es zuerſt geſagt haben, wer will, das Fräulein Kordula hat heiße, rothgeweinte Augen gehabt all’ dieſe Tage; und unſere Durchlaucht, die machte ein böſes Geficht, und ſie und die Gräfin Marie ſind den ganzen Tag hin und her gegangen zu und von