Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

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Von Alfred Sklelzner. 201

nur natürlich, daß die Form derſelben ſi<h allmählig dieſen unausgeſeßten Handgreiflichkeiten gemäß verändert. Ein neuerer Phyſiognomiker will in dieſer Naſenform das Symbol einer Verkümmerung und Verknöcherung alles friſchen Lebens, ein Verneinen jeder wärmeren Gemiiths= richtung erkannt haben, und gewiß iſ, daß dieſelbe meiſt mit melancholiſ<hem Temperament und gallſüchtiger Kou= ſtitution zugleih auftritt.

Was dagegen die phyſiognomiſche Bedeutung der drei erſtexen typiſchen Hauptformen der Naſe anbetrifft, ſo pflegt die langgeſtre>te Form, als die beſonders ausgeſÞro= chene Verlängerung der Stirngegend, mit aufgewe>ter Sinne8art und forſchendem, bei günſtigem Kopfbau nicht ſelten ſhöpferiſhem Geiſte verbunden zu ſein; und es iſt gewiß kein Zufall, daß bedeutende Menſchen, insbeſondere große Denker, Dichter und Künſtler, ſih faſt immer durch eine langgeſtre>te, mit kleinerem oder größerem „Höer“ verſehene Naſe auszeichneten, und ein italieniſches Sprichjvort (Gran naso segno di gran casa, d. h. eine große Naſe iſ ein Zeichen edler Abſtammung) große Naſen ſogar als ein Merkmal guter Abſtammung auslegt. Eine bez fondere Form dex langgeſtre>ten Naſe iſt die ſenkreht vou der Stirne abſteigende, welche bekanntlich diejenige des längſt typiſ<h gewordenen griechiſhen Jdeals darſtellt, meiſtens jedoch keine Anzeichen beſonderer geiſtiger Anlagen verxräth, wofür die Thatſache charakteriſtiſch iſt, daß die geiſtig her= vorragendſten alten Griechen, wie z. B. Pythagoras, So= frates, Plato, Ariſtoteles u. v. A. nichts weniger als eine „griechiſche Naſe“ beſaßen.