Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
Von Alfred Stelzner, 205
an hochſtehenden Augenlidern erkennt man an geſpannten Naſenflügeln, wie ſie die Porträts des Kardinals Richelieu, Napoleon's T., Schubart's u. v. A. aufweiſen, den phyſioz gnomiſchen Zug eines leichtbeweglichen und auſgewe>ten Geiſtes.
Wie das willkürliche Aufblähen der Naſenlöcher vielen Menſchen verſagt iſ, ſo vermögen auh nicht ‘eben die meiſten dieſelben zu ſ{<ließen oder doh zu verengern. Denn trobhdem jede menſchliche Naſe kleine Muskelbündel beſißt, welche, auf dem Oberkieferknochen entz ſpringend, ſi am hinteren äußeren Rande der Naſenlöcher anſehen und die Beſtimmung haben, ſie herabzuziehen, damit zu verengern und den Eintritt der Luft zu behindern, ſo iſt doch deren Uebung ſo gering, daß die Vermuthung, ihre Spannung und Thätigkeit würde bei unangenehmen Gerüchen, deren Eindringen man verhindern wolle, auf fallend hervortreten, ſi<h niht re<tfertigt. Der Grund hiefür liegt darin, daß man zum Verſchluß der Naſe bei unangenehmen Gerüchen meiſt die Finger gebraucht und die betreffenden Muskeln daher im Laufe der Zeit ver= kümmert find. Bei alledem haben dieſe „Herabziehmuskeln“ troß ihrer Schwäche eine ganz beſondere mimiſhe und phyſiognomiſche Wichtigkeit, weil dur ſie der weinerliche Ausdru> des Geſichtes gebildet wird. Es iſt höchſt merk= würdig und bis vor Kurzem ſelbſt von Phyſiognomen ſo= wohl, wie von Malern und Zeichnern verkannt, daß der einzige weſentliche Unterſchied zwiſchen dem lachenden und dem weinenden Geſichte darin beſteht, daß bei leßterem die Naſenflügel abwärts gezogen werden. Gerade in dieſem