Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
26 Der Tali8man des Weibes.
„Gewiß nicht, aber es erſcheint anmaßend, daß ich über= haupt davon ſprach !“
-„Anmaßend, wenn man Jemand nicht vergeſſen hat ? Dann bin ih das Urbild der Beſcheidenheit denn dieſe Begegnung iſt mir durchaus entfallen !“
„Auf einem Balle beim Geheimrath Lüdemann ,“ er= klärte ſie beſcheiden, aber nunmehr gelaſſen, obwohl die Erinnerung an jenen Moment ihr immer feſt gezaubert in der Seele geſtanden hatte, denn der Amtsrichter Meiſchick gehörte in die Kategorie der Männer, welche Frauenherzen unwiſſentlich, aber allmächtig anziehen. „Es war mein erſter Ball, und ich tanzte ſhle<t und ängſtlich; Sie ſtanden neben mix am Pfeilerſpiegel und redeten mir guten Muth ein.“
„Ah, jeht erinnere ih mi<! Der ſchüchterne Bakfiſch mit den ängſtlichen Bewegungen waren Sie ?“
8A, iO)!
„Nun, da haben Sie ſich aber außerordentlich zu Jhrem Vortheil verändert, ih gratulire !“
Ex hielt ihr über der Pelzde>e die Hand entgegen, und ſie legte ihre warme kleine Nechte zaghaft hinein.
„Ein Opfer, den warmen Muff zu verlaſſen, nicht wahr? Aber ich glaube, Sie bringen leicht Opfer ?“
„Wenn ih ſie gern erweiſe, von ganzem Herzen !“
Er ni>te einverſtanden, zog den Mantel feſter um Margarethens Glieder und ſprach, während ſie pfeilſchnell dahinglitten , über allgemein intereſſante Gegenſtände, an welchen er zu ſeiner Befriedigung ihr ebenfo verſtändiges als leidenſchaftsloſes Urtheil erprobte.