Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

4 Cine unglü>liche Dichterin.

ſiche Kataſtrophe und genas na< einigen Wochen voll= ſtändig.

Was war geſchehen, daß ſie fih ſo abhärmte und zu einem ſolch? verzweifelten Schritte hinreißen ließ? Dex Schleier über dieſe Urſache iſt nie ganz gelüftet worden. Durch eine jugendliche, aus Mangel an Welt= und Menſchenkenntniß begangene Unvorſichtigkeit habe fie fich, wie es hieß, während threr Anweſenheit in Dresden eine Kränkung ihres ſo leicht verleßbaren Chrgefühls zugezogen, die ihr anfangs unerträgli<h dünkte und ſie mit tiefer Schwermuth exfüllte.

Wer kann ſagen, worin die jugendliche Unbeſonnenheit beſtanden? Wahrſcheinlich, meint einer ihrer Biographen, handelte es ſi<_ um eine Thorheit ihres liebeſ<wärmeri= ſchen Herzens; vielleicht hatte ſie in Dresden den glän= zenden Ritter exbli>t, den ihre Phantaſie ſchon fo lange geträumt; vielleicht hatte ſie ihm thre Gefühle allzu deut= li<h zu exkennen gegeben; vielleicht Hatte ſie keine Ev= hörung geſunden. Denn ſo rei begabt Luiſe in geiſtiger Beziehung war, ſo vielſeitig ihre Bildung und ſo lieben2= würdig ihr ganzes Weſen genannt werden mußte, Eines fehlte ihr: die Schönheit der äußeren Erſcheinung. Sie jvax von kleiner, unanſehnlicher Geſtalt, ihr Kopf unver= hältnißmäßig groß, ihre Züge feft, von mehr männlichem Gepräge; dabei achtete ſie wenig auf wohlgefällige Hal= tung und äußeren S<hmu>; ihx Anzug entbehvte faſt allen Pubes und ließ oft ſogar die ſorgſam ordnende Frauenhand vermiſſen. Nux das ſchöne lichtbraune Haar und ein Paar ſanfte blaue Augen adelten ihre Erſchri=