Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

190 Eine unglü>liche Dichterin.

auch mit ſchwerem Herzen, zu verzichten. Bittere Thränen beſiegelten den Abſchied, lange blieb die Unglü>liche in tiefe Shwermuth verſunken, *) bis ſie endli<h auf's Neue in ſchwere Krankheit verfiel. Zwar genas ſie au< diesmal wiedex, aber faum dem Leben wiedergegeben, verfiel ſie in Trübſinn und wünſchte ſich den Tod. Sie beſchloß freiwillig ihr Daſein aufzugeben und wollte ſi< dur< Entziehung aller Nahrungsmittel umbringen. Mehrere Tage führte ſie das wirklich dux< und war bereits in einem bedenklihen Zu= ſtand, als es ihrem väterlichen Freunde, dem Superinten= denten Schmidt in Weißenfel3, noh gelang, durch ener= giſches Zureden ſo auf ſie einzuwirken, daß ſie den ſelbſt= mörderiſchen Plan endlich aufgab. Luiſe zählte damals bereits 36 Jahre.

Troß ihres ſchon vorgerü>ten Alters und ihrer wenig einnehmenden Erſcheinung fand ſi< übrigens damals do< ein älterer bemittelter Herr, der ſo viel Jutereſſe für ſie hegte, daß er ihr ſeine Hand anbot. Luiſe ver= fannte nicht, daß ſich ihr mit dieſem Anerbieten eine ſorgen= loſe Zukunft aufthat; allein ſie konnte ſi nicht entſchließen, einen Mann zu: heirathen, den ſie nicht liebte, und lehnte den Antrag ab.

Sm Sommer 1820 — in einem Alter von 43 Jahren — machte ſie in ihrem Wohnorte die Bekanntſchaft eines

*) Luiſe Brachmann hat übrigens dieſe Epiſode ihres vielbewegten Lebens zum Gegenſtand einer Novelle gemacht, die unter dem Titel „Die Unmöglichkeit“ in Be>ev's Taſchenbuch zum geſelligen Vergnügen für d. J. 1821 euſchienen iſt.