Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Von O3wald Heim. 197

anrücenden Feinde bis na<h Zürich geflüchtet haben. Ebenſo ‘wenig dürften die Mönche von St. Gallen es der Mühe für werth gehalten haben, in threr Chronik auſzu= zeichnen, daß dex reiche Augsburger Biſchof Adalbero ihnen um ‘das Jahr 908 purpurgeſli>te Schweißtücher geſchenkt habe, wenn dieſes niht wahre Pracht= und Schauſtücke geweſen wären.

Daß um dieſe Zeit der Gebrauch der Taſchentücher im gemeinen Leben und bei den Laien wenn nit unbekannt, fo doch mindeſtens ſehr beſchränkt geweſen iſt, dürſte daraus erhellen, daß, während Handtücher, Tiſchtücher, Hals= tücher u. |. w. gewöhnlich waren und ihre eigenen deutſchen Benennungen hatten , unſere Vorfahren für facialis oder ſacitergium bis ins 11. Jahrhundert hinein und ſpäter feine ſpezielle Bezeichnung hatten; man behielt in dieſer Epoche den fremdländiſchen Ausdru> bei, den man indeſſen etivas veränderte oder — beſſer geſagt — verballhorniſirte.

Die nachweisbare Gewohnheit, Taſchentücher zu führen, nahm ihren Urſprung in einem Lande, in welchem üm Allgemeinen die Reinlichkeit nicht die oberſte Regel iſt, nämlich in Jtalien. Kaiſer Friedrich 11. von Hohenſtaufen (1209 bis 1250) fand in ſeinec univerſellen Thätigkeit, die ex den verſchiedenſten Gegenſtänden des öffentlichen und privalen Lebens angedeihen ließ, auh no< Gelegenheit, dieſem Punkte Aufmerftſamkeit zuzuwenden. So befahl ex dem Wirthſchaftsverwalter auf einem feiner Güter in Sicilien, den Mägden und Kindern daſelbſt zu geben „duos faciolos de panno lineo“, was nichts anderes heißt, als zwei leinene Taſchentücher. Doch auch noch in der folgen-