Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Von ODswald Heim. 208

ſ{ön und allen Herzen gefährlih; die Reſeda: meine Eigenſchaften überlreffen meine Reize; die Primel: ih bin einverſtanden; dex Epheu: ich ſterbe, wenn ih mich niht anflammern kann; die Lilie: Reinheit und Adel; die Mohnblume: die Schönheit des Herzens iſ mehr werth, als die des Geſichtes u. dergl. m. Auf dieſe Weiſe ge= winnen die modernen Taſchentücher das Fntereſſe von Albumblättern.

Beſonders bemexrkenswerth erſcheint das Verfahren des Chineſen der vornehmeren Stände, welcher mehrere kleine ſeidene Tüchlein in der Taſche trägt, deren jedes ex nur einmal brau<ht und dann fortwixft. Einen minder koſt= ſpieligen Gebrauch erlaubt ſich die zierliche Tochter Nipon's (Japan), welche ſtets einen Vorrath viere>iger Papier= ſtüchen in ihrem weiten Aermel verborgen hält und ſich ihrer zu gleihem Zwede bedient. Faſt allgemein verbreitet iſt noh heute die Anſicht, daß bei den Türken im Harem das Zuwerfen des Taſchentuches ein bedeutſames Creigniß ſei, wodur< der Herr ſeiner Odaliske zu erkennen gebe, daß er ſie begünſtige. Allein dieſer Brauch kommt in Wirklichkeit niemals vor. Jn früheren Zeiten würde die Holde wahrſcheinlih niht re<t gewußt haben, wozu ſie das Geſchenk gebrauchen ſollle, und jebt würde ſie es ver=muthli<h für ein gar zu beſcheidenes Zeichen der Aner= fennung halten. Wenn der Paſcha eine ſeiner Frauen auszeihnen will, ſo geht er einfa<h zu ihr; iſt ev auf großem Fuße eingerichtet, ſo melden ihn die Harems-= wächter, geleiten ihn bis an die Thüre ihres Gemaches, und die Auwahl geſchieht dann in der Regel privatissime.