Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

292 Mannigfaltiges.

einen theuxen Angehörigen zu betrauern hatte, ſo war für dies Vergehen eine beſonders entehrende Strafe eingeführt, und dieſe beſtand eben in einer Nachahmung des vormaligen Durchgehens unter dem Joche. Die Prozedur dabei war folgende. War ein Deſerteur wieder eingefangen worden, ſo rüd>te ſein Bataillon in Gala-Uniform mit Gewehx und Waffen aus und ſtellte ſih in Linie auf. Vor demſelben hielt hoh zu Roſſe der Kommandeur, während der Delinquent neben dem Profoß auf dem linken Flügel der Truppe Poſto gefaßt hatte. Der Befehlshaber ließ darauf das Gewehr präſentiren und während dies geſchah, verlas er die Ordre, daß der Soldat X., der ſih des Vergehens der

Deſerlion ſchuldig gemacht, hiermit aus dem Heeresverbande aus--

geſtoßen und für eine Reihe von Jahren auf die Galeere geſchit werde. Nachdem dieſex Armeebefehl bekannt gegeben, wurde das Gewehr bei Fuß genommen, während der alſo Beſtrafte, gleich fam um Abſchied von den ehemaligen Kameraden zu nehmen und dieſen zugleich als warnendes Beiſpiel zu dienen, vom Profoß an der ganzen Front des Bataillons hinab geführt ward. Am rechten Flügel angelangt, mußte ex Halt machen. Der Profoß hielt ein bereitſtehendes Gewehx, deſſen Riemen lang geſchnallt worden, in einex Höhe von etwa zwei Fuß wagrecht über dem Erdboden. Zwiſchen dem Gewehrlauf und Riemen mußte der Uebelthäter jeßt hindur< friehen, woxauf ihm von Seiten des Profoßes no als Abſchiedsgruß ein freundſchaſtlicher Kolbenſtoß mit auf den ferneren Leben8weg gegeben wurde. Darauf wurden dem nunmehrigen Galeerenſträfling die Nniſormſtücke ausgezogen und ex erhielt noh auf dem Plabe die zweifarbige Jake der Gefangenen. Seine Ueberſührung in das Gefängniß, welches in Ermangelung wirklicher Galeeren dieſe Bezeichnung führte, erfolgte dann ſofort. O. v. Brieſen. Empfindungsgeſchwiudigkeit. — Obwohl man im gewöhnlichen Leben feine Gelegenheit hat, zu bemerken, daß Zeit