Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Schimpanſe: Verbreitung und Aufenthalt. Nahrung. ' 81

haben ſoll. Erwähnt wird dieſer von vielen Schriftſtellern der leßtvergangenen Fahrhunderte meiſt unter dem Namen „Fnſiëgo“ oder „Nſchiëgo“, welchen er in Mittelafrika heute noh führt. Ein junger Schimpanſe wurde in der erſten Hälfte des 17. Fahrhunderts lebend nach Europa gebracht, von Tulpius und Tyſon zergliedert und von Dapper beſchrieben. Von dieſer Zeit an gelangte das Tier wiederholt zu uns, und neuerlich trifft es ſogar mit einer gewiſſen Regelmäßigkeit auf dem europäiſhen Tiermarkte ein. |

Früher hielt man Dber- und Niederguinea mit den Hinterländern, etwa von Sierra Leone bis zum Kongo, für ſeine ausſcließli<h Heimat. Dort bewohnt er die Waldungen an den Flüſſen der Küſte und in den Gebirgen. H. von Koppenfels jagte ihn in den Gabunund Ogoweländern. Weiter ſüdwärts iſt er nah den Befunden der deutſchen Loango-Expedition bis in die Nähe des Kongo gemein, in manchen Landſchaften ſogar ret häufig. FJeßt wiſſen wix au<h vornehmlih durch deutſche Forſcher, daß er bis tief in das Jnnere von Afrika, bis in das Seengebiet verbreitet iſt, dort etwa ſo weit wie die Ölpalme und der Graupapagei. Schon Heuglin ſagt: „Auf dem dichtbelaubten Hochholze längs der Flüſſe im Lande der Niam-Niam hauſt in Paaren und Familien der Mban (rihtiger Baâm), ein Affe von der Größe eines Mannes und von wildem Weſen, welcher ſih niht ſcheut, den ihn verfolgenden Fäger anzugreifen. Derſelbe baut ſich große Neſter auf den Kronen der Bäume und verſieht ſie mit einem dihten Shußdache gegen den Regen. Er hat eine olivenſhwärzliche, niht dichte Behaarung, na>tes, fleiſhfarbenes Geſicht und weißlihes Geſäß.“

„Man kann nicht ſagen“, berihtet Savage aus Niederguinea, „daß die Schimpanſen geſellig leben, da man ſelten mehr als ihrer fünf, höchſtens ihrer zehn zuſammen findet. Auf gute Gewähr mich ſtüßend, darf ih behaupten, daß ſie ſih gelegentli<h in größerer Anzahl verſammeln, um zu ſpielen. Einer meiner Berichterſtatter verſichert, bei einer folchen Gelegenheit einmal niht weniger als ihrer fünfzig geſehen zu haben, welche ſi<h dur< Jubeln, Schreien und Trommeln auf alten Stämmen erfreuten. Sie meiden die Aufenthaltsorte der Menſchen ſoviel wie möglih. Fhre Wohnungen, mehr Neſter als Hütten, errihten ſie auf Bäumen, im allgemeinen niht hoh über dem Boden. Größere oder kleinere Zweige werden niedergebogen, abgekni>t, gekreuzt und dur<h einen A} odex einen Gabelzweig geſtüßt. Zuweilen findet man ein Neſt nahe dem Ende eines di>en blattreihen Aſtes, 8—12 m über der Erde; doh habe i< auch eins geſehen, wel<hes niht niedriger als 13 m ſein Tonnte. Einen feſten Standort haben die Schimpanſen niht, we<ſeln ihren Plag vielmehr beim Aufſuchen der Nahrung oder aus ſonſtigen Gründen, je nah den Umſtänden. Wir ſahen ſie öfters auf hoh gelegenen Stellen, wohl nux deshalb, weil die dem Feldbau der Eingeborenen günſtigeren Niederungen öfters gelichtet werden und jenen dann paſſende Bäume zum Bau ihrer Neſter mangeln. Selten ſieht man mehr als ein oder zwei Neſter auf einem und demſelben Baume oder ſogar in derſelben Umgebung. Doch hat man einmal deren fünf gefunden.“ Neſter, wie ſolche Du Chaillu beſpricht und abbildet, wahrhaft tünſtlihe Flechtereien nämlich, beſchreibt kein einziger der übrigen Berichterſtatter.

Ín der Ruhe nimmt der freilebende Schimpanſe gewöhnlich eine ſißende Stellung an. Man ſieht ihn in der Regel ſtehen oder gehen; wird er dabei entde>t, ſo fällt er unverzüglich auf alle viere und entfernt ſich fliehend von dem Beobachter. Wie man ſchon aus dem Baue vermuten kann, iſt der Schimpanſe ein geſchi>ter Kletterer. Bei ſeinen Spielen ſchwingt er ſih auf weite Entfernungen von einem Baume zum anderen und ſpringt mit ſtaunenerregender Behendigkeit. Die Nahrung beſteht wahrſcheinlich aus denſelben Pflanzen und Früchten, welche der Gorilla verzehrt: Früchte, Nüſſe, Blatt- und Blütenſchößlinge, vielleiht au< Wurzeln bilden wohl die Hauptſpeiſe. Nicht ſelten ſoll er Bananen und andere Fruchtbäume beſuchen, welche die Neger zwiſchen ihren Maisfeldern anpflanzen, oder ſih in verlaſſenen Negerdörfern, in denen die Papaya in großer Menge wächſt, einfinden

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. LT. 6